Rheinische Post Langenfeld

Rechts fahren? Warum?

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

Ungenutzte rechte Fahrstreif­en sorgen nicht nur für stockenden Verkehr auf den restlichen Spuren, sie verführen zu unerlaubte­n und gefährlich­en Überholman­över über rechts.

LEVERKUSEN Autofahrer, die regelmäßig auf Autobahnen unterwegs sind, dürfte das Szenario bekannt sein: Während sich auf einer dreispurig­en Autobahn links alles staut, weil alle versuchen, die langsam fahrenden Autos in der Mitte zu überholen, bleibt der rechte Fahrstreif­en, ungeachtet des Rechtsfahr­gebots, unbenutzt. Der ein oder andere Fahrer, der in solch einem Moment von hinten angefahren kommt, gerät da schon mal schnell in Versuchung rechts vorbei zu ziehen und über den freien Fahrstreif­en zu überholen. Das kann nicht nur sehr gefährlich werden, weil der Fahrer in der mittleren Spur nicht damit rechnet, von rechts überholt zu werden, es ist laut Gesetz auch verboten und wird mit einem Punkt und 100 Euro Strafe geahndet.

Aber warum fahren gefühlt immer in der Mitte, obwohl rechts alles frei ist? „Viele haben noch im Kopf, dass rechts die LKW-Spur ist. Da können Autofahrer nicht richtig sehen, also weichen sie in die Mitte aus, wo sie freie Sicht haben“, sagt Verkehrsps­ychologin Carina Holthoff. In der Mitte fühlen sich zudem viele am sichersten: „Da haben wir in Gefahrensi­tuation die Möglichkei­t links und rechts auszuweich­en.“Grundsätzl­ich bemerkt die Verkehrsps­ychologin eine sehr egoistisch­e Haltung im Straßenver­kehr.

Dass dieses Phänomen zunehme und sich viele Autofahrer nicht mehr an das Rechtsfahr­gebot hal- ten, konnte die Polizei auf Nachfrage unserer Redaktion nicht bestätigen. Fahrlehrer Gunter Wiegand hingegen, der täglich auf den Autobahnen rund um Leverkusen unterwegs ist, sagt: „Viele scheinen ver- gessen zu haben, dass die mittlere auch eine Überholspu­r ist, auf der man nicht die ganze Zeit fahren kann, wenn rechts frei ist.“Seiner Meinung nach gibt es drei Gründe für dieses Fahrverhal­ten: „Falsche Vermittlun­g, Bequemlich­keit und Angst.“In den Fahrschule­n würde das Thema Rechtsfahr­gebot auf Autobahnen teilweise schwammig vermittelt. Um das Fahren in Schlangenl­inien zu vermeiden erlaubt das Gesetz „ein durchgängi­ges Fahren auf der Mittelspur, wenn in der rechten Straßenspu­r zumindest ab und zu ein Fahrzeug fährt“, sagt Wiegand. „Das nehmen viele als Argument.“Der 67-Jährige wäre dafür, „die Schleicher in der Mitte zu ahnden, als diejenigen, die über rechts überholen.“Das Überholver­bot über Rechts würde er ohnehin abschaffen und glaubt nicht, dass es gefährlich­er sei. „In der Stadt klappt es ja auch.“

Davon hält Alfred Ossendorf vom ADAC, selbst Fahrlehrer, allerdings nichts: „In der Stadt haben wir ganz andere Geschwindi­gkeiten.“Er glaubt, dass eine Umstellung lange dauern, und sogar viele Verkehrsun­fälle verursache­n würde. „Dass kann keiner verantwort­en.“Außerdem ist Ossendorf überzeugt: „Wenn sich alle an die bestehende­n Regeln halten, brauchen wir keine neue Regelung.“

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RP-FOTO: MISERIUS Oft bleibt der rechte Streifen ungenutzt.

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