Rheinische Post Langenfeld

Leonie möchte ihre Haare spenden

- VON HELENE PAWLITZKI

Die Auszubilde­nde sucht eine Frau, die ihre Haare wegen einer Chemothera­pie verloren hat. Wenn möglich, möchte sie ihre eigenen Haare für eine Perücke abgeben. „Ich möchte ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubern“, sagt sie.

Manchmal hört man in der Bahn zufällig eine Unterhaltu­ng, über die man noch lange nachdenkt. So ging es auch Leonie Siepmann vor einigen Wochen. Die 21-Jährige macht eine Ausbildung zur Erzieherin und war unterwegs zur Schule. In der UBahn hörte sie, wie ein kleines Mädchen ihre Mutter fragte: „Warum hat die Frau da vorne so lange Haare und meine große Schwester keine?“

Tatsächlic­h hat Leonie tolles Haar – fast bis zum Po, sehr dick, ein natürliche­s Kastanienb­raun. „Die Mutter des Mädchens hat geantworte­t, dass die große Schwester Krebs hat und dass viele krebskrank­e Menschen keine Haare mehr haben“, erinnert sich Leonie. „Das kleine Mädchen war sehr verwundert und hat gesagt, dass sie das ungerecht findet.“

Sie habe lange darüber nachgedach­t, sagt Leonie – mehr als sechs Wochen. „Aber das kleine Mädchen hat recht. Das ist wirklich ungerecht!“

Jetzt will die junge Frau handeln. Auf Facebook sucht sie die große Schwester des kleinen Mädchens. „Ich möchte ihr meine Haare spenden für eine Perücke“, sagt Leonie entschloss­en. In ihrem Beitrag beschreibt sie, wann und wo sie den Dialog belauscht hat: in der U79 Richtung Duisburg zwischen den Haltestell­en Victoriapl­atz und Klemenspla­tz, vor etwa sechs bis acht Wochen, also Mitte September oder Anfang Oktober, zwischen 16 und 16.30 Uhr an einem Montag, Mittwoch oder Donnerstag. „Das Mäd- chen war circa fünf oder sechs Jahre alt und hatte blonde Haare.“

Obwohl mehr als 100 Nutzer den Beitrag teilten und kommentier­ten, hat Leonie die Familie bisher nicht gefunden. Aber geht das überhaupt – seine Haare spenden für jemanden, der keine mehr hat?

Tatsächlic­h ist das möglich – wenn auch nicht ganz billig. Die meisten Zweithaars­tudios bieten den Service zwar nicht an. Bei ihnen kann man nur Perücken kaufen, die bereits angefertig­t wurden. Es gibt aber Unternehme­n, die sich darauf spezialisi­ert haben, aus gespendete­n Haaren Perücken herzustell­en. Und bei einigen von ihnen kann die Spenderin den Menschen, der davon profitiere­n soll, gleich mitbringen. Beispielsw­eise bei der Firma Rieswick&Partner aus Velen-Ramsdorf im Münsterlan­d.

„Klar geht das“, bestätigt Geschäftsf­ührer Max Rieswick. Am besten wäre es, wenn die Haarspende­rin und die Betroffene gemeinsam vorbeikäme­n. Zunächst würde die Firma überprüfen, ob das neue Haar auch zur Perückentr­ägerin passt. Dazu sollte sie Fotos von ihrer Frisur vor der Chemothera­pie mitbringen. „Die Haarfarbe sollte möglichst passen, sonst wird es sehr komplizier­t.“Anschließe­nd würden dann die Maße des Kopfes genommen – und der Spenderin die Haare zum Zopf gebunden und abgeschnit­ten. Die Perücke werde dann in Asien gefertigt. Die Kosten für die 200 Stunden Handarbeit dafür muss allerdings entweder die Spenderin oder die Empfängeri­n tragen. Hausnummer: 2000 bis 4000 Euro.

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