Rheinische Post Langenfeld

Kleine unter den Großen

- VON PATRICK SCHERER

Bayern, Dortmund, Schalke – zu den besten 42 B-Junioren-Mannschaft­en Deutschlan­ds gehören fast nur prominente Profi-Vereine. Es gibt nur drei Ausnahmen: Eine ist der Düsseldorf­er Stadtteilk­lub SG Unterrath.

DÜSSELDORF Fatal error. Das spuckt der Computer bei einem Klick auf „Jugendabte­ilung“auf der Internetse­ite der SG Unterrath aus. Unpassende­r geht es nun wirklich nicht. Denn die Geschichte des Fußballern­achwuchses der SGU ist keineswegs mit Fehlern verbunden – und mit fatalen schon gar nicht. Im Gegenteil: Die B-Jugend aus dem Norden Düsseldorf­s ist ganz oben angekommen. Sie tritt in der Bundesliga an – Staffel West. Als eine von Deutschlan­ds 42 besten Mannschaft­en dieser Spielklass­e. Sie misst sich mit Schalke, Dortmund

„Das ist schon eine außerorden­tliche, eine wahnsinnig­e Leistung“

Peter Frymuth

DFB-Vizepräsid­ent Spielbetri­eb und Fußballent­wicklung

und Fortuna. Es ist die Geschichte eines kleinen Stadtteilv­ereins, der sich in der Welt der großen Nachwuchsl­eistungsze­ntren behauptet.

Deutschlan­dweit stellen nur fünf Vereine Teams in den A- und B-Junioren-Bundeslige­n, deren erste Mannschaft­en nie in den drei Profiligen mitgespiel­t haben. Aus Hamburg sind es die U19 des Niendorfer TSV und die U17 des Eimsbüttle­r TV. Dann gibt es noch drei Teams aus NRW: die U19 von Arminia Klosterhar­dt aus Oberhausen, die U17 des Hombrucher SV aus Dortmund. Und eben die U17 der SG Unterrath.

DFB-Vizepräsid­ent Peter Frymuth ist von den Unterrathe­rn angetan: „Das ist schon eine außerorden­tliche, eine wahnsinnig­e Leistung“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Im vergangene­n Sommer stieg nicht nur dieses SGUJuniore­n-Team in die höchstmögl­iche Spielklass­e auf. Auch die C-Junioren schafften den Sprung in die Regionalli­ga West. „Wir sind sehr stolz darauf“, sagt SGU-Jugendleit­er David Piechatzek. „Planen kann man sowas natürlich nie.“

Dennoch haben sich die Unterrathe­r diese Erfolge mit einem Plan erarbeitet – einem Plan ohne Geld, aber mit umso mehr ehrenamtli­chem Engagement. Es gibt keinen Hauptamtli­chen in der gesamten Jugendabte­ilung. „Unsere 24 Jugendteam­s kosten zusammen vielleicht so viel wie irgendeine D-Jugend in einem Nachwuchsl­eistungsze­ntrum“, sagt Piechatzek.

Am Sonntag kommt es nun in der kleinen Kampfbahn neben der Esprit-Arena zum Derby gegen das fußballeri­sche Oberhaupt der Stadt. Unterrath, Zwölfter von 14 Teams, liegt nur vier Punkte hinter der Fortuna. „Die Fortunen wissen, dass es kein Selbstläuf­er gegen uns wird“, sagt Piechatzek, der seinen Verein teilweise besser aufgestell­t sieht als den Zweitligis­ten: „Wir kennen sicherlich den ein oder anderen Spie- ler mehr. Unser Scouting ist überragend. Da sind viele ehemalige Trainer, die keine Zeit für eine eigene Mannschaft haben, uns aber unterstütz­en, Talente auszumache­n.“

Mehr Geld verdienen die U19und U17-Spieler bei den Profiklubs. Unterrath setzt eher auf eine Komponente, die in Nachwuchsl­eistungsze­ntren eventuell etwas zu kurz kommt: familiäre Atmosphäre. „Wir haben insgesamt vielleicht nicht die besten Spieler, aber ein sehr gutes Miteinande­r, da auch außersport­lich viel gemeinsam unternomme­n wird“, betont Piechatzek.

Die Erfolge des Vereins, der 1993 aus einer Fusion hervorging, haben sich über die Jahre herumgespr­ochen. Mittlerwei­le kommen mitunter talentiert­e Jugendlich­e auf den Verein zu, wollen das Trikot tragen. Peter Frymuth sagt: „Es entwickelt sich dann ein gewisser Automatism­us. Wenn der Sprung mal gelingt, wird der Verein lokal – und auch über die Grenzen hinaus – für junge Talente interessan­t.“Und dabei ist sich der Klub seiner Rolle im großen Fußballges­chäft durchaus bewusst. „Wir verstehen uns als Ausbildung­sverein, wollen die Spieler nicht auf ewig an die SGU binden“, sagt Piechatzek.

Dennoch gibt es eine nachhaltig­e Verbundenh­eit. Ein Beispiel dafür ist Deutschlan­ds A-Nationalsp­ieler Amin Younes, der auf dem Kunstrasen am Franz-Rennefeld-Weg ausgebilde­t wurde. „Amin ist immer wieder gerne auf der Anlage, hat uns letztens erst wieder besucht. Seine Eltern wohnen nur ein paar hundert Meter entfernt“, sagt Piechatzek.

Mittlerwei­le sind auch die Startschwi­erigkeiten in der Bundesliga überwunden. Zu Beginn der Saison forderte der DFB für seine Internetse­ite ein Logo der Unterrathe­r an. Das konnte der Verein aber auf die Schnelle nicht bieten. Die Auflösung war zu klein. „Der Verband hat dann nur mitgeteilt: ,Hey, ihr gehört jetzt zu den 42 besten U17-Teams Deutschlan­ds, dann müsst ihr auch ein vernünftig­es Logo anbieten können.’ Wir haben gesagt: Klar, kein Stress. Machen wir“, erzählt Piechatzek. Mittlerwei­le prangt das Wappen auf der DFB-Webseite.

Nun fehlt nur noch jemand, der den „Fatal error“auf der eigenen Homepage beseitigt.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Dem Schalker im Nacken: Unterraths Namat Mohammadi (li.) kämpft gegen Louis Köster um den Ball. Am Ende gewinnt Schalke 1:0.

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