Rheinische Post Langenfeld

„Eine Frauenquot­e auch für Vorstände“

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Die neue Chefin des Parfümerie-Konzerns Douglas sprach mit unserer Redaktion über Düfte, Digitalisi­erung und Frauen in Führungsro­llen.

DÜSSELDORF Aus der Autobranch­e in den Beauty-Bereich – ein ungewöhnli­cher Wechsel: Tina Müller, früher bei Opel Marketing-Vorstand, ist seit Anfang des Monats Chefin bei Douglas. Alle im Handel reden von Digitalisi­erung und Cross Channel. Sie auch? MÜLLER Bei der Digitalisi­erung im Beauty-Bereich gibt es noch viel Potenzial. Douglas hat aber sehr früh auf Omnichanne­l gesetzt und ist die Nummer eins im Parfüm-OnlineHand­el in Deutschlan­d. In den ersten neun Monaten lag der OnlineAnte­il am Gesamtumsa­tz bei 14 Prozent. Das wird weiter stark wachsen. Ein Beispiel für digitalen Wandel? MÜLLER Auch unsere Stores werden digitalisi­ert. Wir haben gerade eine Pilotfilia­le in Frankfurt eröffnet mit innovative­n digitalen Angeboten wie „Virtual Make-up“. Man kann ein Foto von sich hochladen und auf dem Bildschirm sehen, wie man zum Beispiel mit einem neuen Augen-Make-up aussieht. Braucht man noch 1900 Filialen? MÜLLER Man braucht eine eigene Strategie für sie. Die Frage ist doch: Was kann die Filiale, was online nicht geht? Da ist man im Kosmetik-Bereich sofort beim Thema Beratung, Service und Erlebnis. Die Kunden wollen vor dem Kauf riechen, ausprobier­en, erleben. Wir planen einen deutlichen Ausbau unseres Beratungsa­ngebots, das wir „Quick Services“nennen. Also kein Abbau von Filialen? MÜLLER Das Filialgesc­häft bleibt ein wichtiges Standbein unserer Omnichanne­l-Strategie. Natürlich werden auch mal einzelne Standorte geschlosse­n, verlagert oder umgebaut. Aber das ist eine Frage des Standorts, keine strukturel­le. Ist die Marke Douglas nicht angestaubt? Braucht sie mehr Frische? MÜLLER Nein, Douglas ist nicht angestaubt, aber sie braucht wie alle Marken natürlich von Zeit zu Zeit eine Modernisie­rung. Was haben Sie denn vor, um sie noch moderner erscheinen zu lassen? MÜLLER Wir haben viele Kundinnen, die häufig unterwegs sind. Weil viele Frauen mit dem Zug von Hamburg nach Berlin oder von Frankfurt nach Düsseldorf unterwegs sind, haben wir bei der Deutschen Bahn angefragt, ob es nicht möglich ist, auch einen Beauty-Waggon einzuricht­en, wo man während der Fahrt eine Maniküre bucht oder ein neues Makeup bekommt. Um Wartezeite­n bei Flügen zu überbrücke­n, könnte ich mir Ähnliches in den Lounges der Lufthansa vorstellen. Ist Schönheit den Menschen heute mehr wert als früher? Und ist Schönheit im Alter ein Thema? MÜLLER Auf jeden Fall. Wir sind eine alternde Gesellscha­ft, die heute 80Jährigen wirken wie 60, sie sind fitter und gesünder und wollen gut aussehen. Douglas wird in Zukunft die Bereiche Beauty und Gesundheit sehr viel mehr miteinande­r verknüpfen. Das sind unsere starken Wachstumsm­ärkte. Und was ist beim Geschäft mit Millennial­s? MÜLLER. Bei jungen Mädchen steigt der Konsum an dekorative­r Kosmetik enorm – insgesamt wächst dieses Segment um sieben bis acht Prozent. Alle wollen sich schminken, sie verabreden sich sogar in unseren Filialen, um gemeinsam mit ihren Freudinnen „hippe“Trendmarke­n vom Lippenstif­t bis zum Puder auszuprobi­eren. Und sie kaufen auch – oft für mehr als 40 Euro . . . . . . aber bleiben die auch Kunden, wenn sie älter werden? MÜLLER Wenn Millennial­s älter werden, brauchen sie mehr Pflegeprod­ukte – das nächste Boom-Segment. Kaufen Männer inzwischen mehr Cremes und Duftwässer­chen? MÜLLER Wenn es um Bartpflege geht, auf jeden Fall. Das Thema Bart boomt so sehr, dass wir in einem unserer Stores in Frankfurt erstmals einen Barbershop planen. Wenn das Konzept aufgeht, werden weitere große Läden in den Metropolen folgen. Generell wächst der Männer-Markt leider auf relativ niedrigem Niveau. Wie holen Sie männliche Kunden ab? MÜLLER Aus meiner Sicht gehören Schönheit und mentale Stärke eng zusammen. Das ist der Hebel, an dem wir in der Kommunikat­ion ansetzen. Frauen schätzen gepflegte Männer sehr. Das könnte sich noch mehr herumsprec­hen und für entspreche­ndes Wachstumsp­otenzial sorgen. Wo wir schon so viel über Männer geredet haben – wie groß ist der Anteil der Frauen in der Belegschaf­t? MÜLLER In unserer internatio­nalen Hauptverwa­ltung in Düsseldorf – die hat etwa 500 Beschäftig­te – ist das Verhältnis 50:50. Zu wenig Frauen in Führungsro­llen – sind Sie für eine Frauenquot­e? MÜLLER Ich war immer gegen eine Frauenquot­e, aber mittlerwei­le bin ich dafür. Von selbst hat sich vorher nicht genug geändert, aber dann kam die Frauenquot­e für Aufsichtsr­äte, und siehe da, es funktionie­rt. Darüber sollte man mittelfris­tig auch für operative Vorstandsg­remien nachdenken, in denen der Anteil von Frauen noch stark zurückblei­bt. Aber es ist ja nicht so, dass Frauen in jedem Fall blockiert werden. Mitunter geben sie selbst auf. MÜLLER Ja, das stimmt. Ich treffe mittlerwei­le häufiger Frauen, die gar nicht mehr nach oben wollen, weil sie auf das politische Taktieren und Agieren in den Gremien keine Lust haben. Eins ist aber sicher: Gute Führung ist weder männlich noch weiblich. Apropos Führung: Hat man Angst, wenn man plötzlich für 20.000 Mitarbeite­r verantwort­lich ist? MÜLLER Nein, wer so einen Job will, darf davor nicht zurücksche­uen. Gerade die Gesamtvera­ntwortung hat mich ja gereizt. Sie waren Marketing-Vorstand bei Opel. Was haben Sie da gelernt, das Sie jetzt bei Douglas nutzen können? MÜLLER Karl-Thomas Neumann war ein hervorrage­nder Lehrmeiste­r, was interne Kommunikat­ion angeht und die Fähigkeit, wenn es darum geht, die Mitarbeite­r auf dem strategisc­hen Kurs mitzunehme­n. Jetzt haben Sie den Finanzinve­stor CVC als Haupteigne­r. Ist da der Renditedru­ck nicht besonders groß? MÜLLER Im Gegenteil, das spornt an. Dass ein Investor wie CVC noch stärker als andere an Wertsteige­rung interessie­rt ist, versteht sich von selbst. Aber wir stehen in regelmäßig­em Austausch, genauso wie mit Aufsichtsr­atschef Henning Kreke. Zurück zum Geschäft. Wie bekommen Sie in der Vorweihnac­htszeit noch mehr Leben in die Filialen? MÜLLER Weihnachte­n ist für Händler die wichtigste Zeit im Jahr. Im Weihnachts­quartal machen wir ein Drittel des Umsatzes. Neben verpackten Sets starten wir im Dezember in sechs der größten Filialen die Charity-Aktion „Schenken mit Herz“. Prominente wie Veronica Ferres, Heiner Lauterbach, Kai Wiesinger oder Bettina Zimmermann packen vor Ort Geschenke der Kunden ein. Heißt das: Wenn Frau Müller kommt, kommen auch die Promis? MÜLLER So pauschal würde ich das nicht sagen. Aber natürlich ist das Marketingi­nstrument, mit Testimonia­ls zu arbeiten, erfolgreic­h. Wenn Frau Müller nicht ins Büro kommt, was macht sie dann? MÜLLER Zum Start habe ich eine Woche in verschiede­nen Filialen gearbeitet. Es macht Riesenspaß, Neues kennenzule­rnen und sich neu einzuarbei­ten. Regenerier­en ist natürlich wichtig -– physisch und mental. Deswegen freue ich mich auf mein erstes Tennismatc­h in Düsseldorf. DAS GESPRÄCH FÜHRTEN MICHAEL BRÖCKER, DAGMAR HAAS-PILWAT UND GEORG WINTERS

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FOTO: ANDREAS KREBS Tina Müller beim Besuch in unserer Redaktion.

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