Rheinische Post Langenfeld

Neuer Glanz für altes Meisterwer­k

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Das Wallraf-RichartzMu­seum widmet der 400 Jahre alten „Anbetung der Hirten“von Gerrit van Honthorst bis zum 4. Februar eine Sonderauss­tellung.

Man kann das Stroh, auf dem das Kind liegt, knistern hören, sagt der Generalvik­ar des Kölner Erzbistums, Dominik Meiering, beim Blick auf die „Anbetung der Hirten“von Gerrit van Honthorst. Das Werk des niederländ­ischen Künstlers aus dem frühen 17. Jahrhunder­t ist einer der Publikumsl­ieblinge im Wallraf-RichartzMu­seum und gehört zu den meist gekauften Postkarten­motiven im Museumssho­p. Der intime Blick des holländisc­hen Meisters auf die Krippensze­ne ist einzigarti­g und macht das Bild zu einer der fasziniere­ndsten Anbetungss­zenen der Kunstgesch­ichte. „Es ist die Entdeckung des Lebens im Kind, von dem bei diesem Gemälde das gesamte Licht ausstrahlt, das die Szene erleuchtet. Es zaubert auf alle Gesichter ein Lächeln. Für mich ist das ein neuer Blick auf Weihnachte­n, ganz ohne den Stress der Straße. Man kehrt in eine schlichte Einfachhei­t zurück“, zeigt sich Meiering von der Harmonie und dem Frieden, das dieses Kunstwerk vermittelt, begeistert.

Ein Jahr lang war das Gemälde nicht mehr in der Dauerausst­ellung des Museums zu sehen, weil es aufwendig restaurier­t wurde. Nun erstrahlt das 400 Jahre alte Bild als Mittelpunk­t einer kleinen Sonderauss­tellung heller, farbiger und sogar noch größer. Wie es dazu kam, zeigt die Schau bis zum 4. Februar unter dem Titel „Wundervoll – Honthorsts Anbetung der Hirten“.

Während der einjährige­n Restaurier­ung und Forschung förderte das Team von museumseig­enen Kuratoren und Restaurato­ren mit modernen Methoden wie Röntgen, Mikroskopi­e und Infrarot erstaunlic­he Resultate zutage. Denn es wurde nicht nur der vergilbte und matte Firnis entfernt, der das Werk zu hell und trüb erscheinen lies. Die Experten fanden heraus, dass Honthorst selbst sein Bild nachträgli­ch vergrößert­e und einen Hirten durch geschickte Übermalung verwandelt­e, in dem er ihm eine Mütze in die Hand gab.

Doch im Jahr 1940 entschied der damalige Kurator Helmut May, den ergänzten Leinwandte­il umzuschlag­en und so für den Betrachter unsichtbar zu machen. May begründete sein Vorgehen mit einer „Verbesseru­ng der Kompositio­nswirkung“. Es ist aber laut der heutigen Experten auch denkbar, dass er nur den vorhandene­n, kleineren Rahmen weiter nutzen wollte. Nun hat das Gemälde einen neuen Rahmen, nach historisch­em Vorbild, bekommen und ist wieder in seiner kompletten Größe zu bewundern. Dabei war es ein langsamer und aufwendige­r Prozess, den umgeschlag­enen Teil des Werks wieder zu entfalten.

Ferner konnten die Kölner Wissenscha­ftler rätselhaft­e Feuchtigke­itsschäden des Gemäldes auf eine Einlagerun­g des Werks im Zweiten Weltkrieg zurückführ­en. Damals

„Man kann das Stroh, auf dem das Kind liegt, knistern hören.“

wurde die „Anbetung der Hirten“in einem Stollen einer Siegener Mine in Sicherheit gebracht und später von US-Experten wieder geborgen. Mit Geduld und Können gelang es den Experten, die Leinwand zu glätten und die Schäden zu beseitigen.

Die Ausstellun­g zeigt aber nicht nur die erstaunlic­hen Forschungs­ergebnisse, sondern gibt auch einen Einblick in die umfangreic­he Kunstgesch­ichte des Meisterwer­ks, das van Honthorst auf dem Höhepunkt

Dominik Meiering seines Schaffens im Jahr 1622 malte. Gemeinsam mit anderen museumseig­enen Anbetungss­zenen entfalten sich in der Kabinettss­chau die vom Künstler zitierten Motive auf anschaulic­he Weise. Mit seinem Pinselstri­ch bringt der „Meister der Nacht“das Wunder der Weihnacht auf die Leinwand. So macht er das strahlende Christuski­nd zur einzigen Lichtquell­e, im materielle­n wie im spirituell­en Sinn, in der sich die Eltern Maria und Joseph sowie die staunenden Hirten spiegeln. Damit zieht er den Betrachter unmittelba­r ins Geschehen der Heiligen Nacht.

Stephan Eppinger

Generalvik­ar Heiligaben­d im Kölner Dom

 ?? FOTO: STEPHAN EPPINGER ?? Blick auf die restaurier­te „Anbetung der Hirten“von Gerrit van Honthorst im Wallraf.
FOTO: STEPHAN EPPINGER Blick auf die restaurier­te „Anbetung der Hirten“von Gerrit van Honthorst im Wallraf.

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