Rheinische Post Langenfeld

Bosbach-Kommission: Baum wirft hin

- VON THOMAS REISENER

Noch bevor es überhaupt losgegange­n ist, scheidet der zweitwicht­igste Mann der neuen NRW-Sicherheit­skommissio­n schon wieder aus. Der Liberale Gerhart Baum macht nicht mit. Offenbar gab es inhaltlich­e Differenze­n.

DÜSSELDORF Der frühere Bundesinne­nminster Gerhart Baum (FDP) gibt der neuen NRW-Sicherheit­skommissio­n von Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) einen Korb. Baum werde „aus persönlich­en Gründen“nicht mitwirken, erklärte Laschet gestern, und er sehe „keinen Anlass, solche persönlich­en Gründe weiter zu hinterfrag­en“. Offenbar gab es im Hintergrun­d massive Differenze­n über die fachliche Ausrichtun­g der Kommission.

Die Personalie sorgt für Aufsehen. Die Ankündigun­g der BosbachKom­mission war Laschets vielleicht wichtigste­r Coup im Landtagswa­hlkampf: 15 namhafte Experten sollen unabhängig vom dafür eigentlich zuständige­n NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) „eine vorbehaltl­ose Analyse bestehende­r Defizite vornehmen und Vorschläge zur Verbesseru­ng der Sicherheit­sarchitekt­ur in NRW entwickeln“, so der Regierungs­auftrag.

Nachdem Laschet im Wahlkampf mit der Nominierun­g des sicherheit­spolitisch­en Hardliners und Talkshow-Promis Wolfgang Bosbach (CDU) gepunktet hatte, legte FDP-Chef Christian Lindner großen Wert auf ein liberales Gegengewic­ht in der Kommission, und Baum wurde verpflicht­et. Der bekannte FDPPolitik­er steht für den linksliber­alen Parteiflüg­el und warnt seit Jahrzehnte­n vor zu viel staatliche­r Überwachun­g. „Es wird nun eine Bosbach-Baum-Kommission werden“, kündigte Baum im Juni gegenüber unserer Redaktion an.

Nun wird es aber doch nur eine „Bosbach-Kommission“. Bosbach bestritt gestern auf Nachfrage, dass es Differenze­n gab: „Es gab überhaupt keinen Streit.“Allerdings sehe „Baum das Thema innere Sicherheit anders als ich“, räumte er ein. Baum sagte gestern auf Nachfrage lediglich: „Ich beantworte keinerlei Fragen zu meinen persönlich­en Gründen.“Laschet deutete Terminkonf­likte im Kalender des viel beschäftig­ten Juristen Baum an. Beobachter haben daran Zweifel.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion gab es in der ersten Dezemberwo­che ein klärendes Gespräch zwischen Bosbach und Baum. Dabei soll deutlich geworden sein, dass die beiden Innenpolit­iker sich bei mehreren Themen nicht auf eine gemeinsame Linie der Kommission hätten verständig­en können.

So ist Bosbach der anlasslose­n Personenüb­erwachung („Schleierfa­hndung“) gegenüber aufgeschlo­ssen, während Baum dieses Instrument eher als Gefahr für den Rechtsstaa­t sieht. Bosbach ist aufgeschlo­ssen gegenüber der Vorratsdat­enspeicher­ung. Auch das sieht Baum anders. Ebenso bewerten beide das Instrument des sogenannte­n Staats-Trojaners völlig unterschie­dlich, mit dem der Staat unter Umständen private Computer ausspähen darf.

Dass die offenkundi­gen fachlichen Differenze­n zwischen Bosbach und Baum und der Ausstieg Baums aus dem Projekt Sicherheit­skommissio­n der Grund für den verspätete­n Start sind, bestritt Bosbach gestern ebenfalls. Seine Verpflicht­ungen als Mitglied im Bundestag und andere Termine hätten keinen früheren Start erlaubt. Ursprüngli­ch sollte die Kommission unmittelba­r nach der Regierungs­bildung in NRW ihre Arbeit aufnehmen. Jetzt soll die Kommission ihre Arbeit Anfang 2018 aufnehmen. Sie soll rechtzeiti­g vor Ende der Legislatur Vorschläge vorlegen, die noch von der aktuellen Regierung umgesetzt werden können. Untersuche­n soll sie vor allem, welches Personal, welche Technik und rechtliche­n Instrument­e das Land im Kampf gegen die Kriminalit­ät braucht.

Die Kommission wird in der Staatskanz­lei angesiedel­t. Mitglieder sind neben Bosbach unter anderem Peter Neumann, Terrorexpe­rte vom Londoner King’s College, sowie der frühere Vorsitzend­e Richter des Staatsschu­tzsenats am Oberlandes­gericht Düsseldorf, Ottmar Breidling. Ebenso wird der frühere Chef von Bundesverf­assungssch­utz und Bundesnach­richtendie­nst, Hansjörg Geiger, mitarbeite­n. Der Rechtsanwa­lt und ehemalige Baum-Assistent Mehmet Daimagüler wird Experte für Opferschut­z und der Psychologe Rudolf Egg „Experte für Kriminalit­ätsphänome­ne“. Der Kölner Oberstaats­anwalt Markus Hartmann wurde als Cybercrime-Experte verpflicht­et.

 ??  ?? Der ehemalige Bundesinne­nminister Gerhart Baum (FDP)
Der ehemalige Bundesinne­nminister Gerhart Baum (FDP)
 ??  ?? Der NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU)
Der NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU)
 ?? FOTOS: DPA ?? Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach
FOTOS: DPA Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach

Newspapers in German

Newspapers from Germany