Rheinische Post Langenfeld

Der Wohnungsma­rkt ist zu stark reguliert

- VON THOMAS REISENER VON BIRGIT MARSCHALL KOALITIONS-KNIGGE: KEINE BALKONBILD­ER, SEITE A 4 VON MATTHIAS BEERMANN

Ausgeschlo­ssen, dass Scharrenba­chs neue Bauordnung den Landtag konfliktfr­ei passiert. Am Ende wird die CDU-Bauministe­rin sich mit der schwarz-gelben Mehrheit im Plenum zwar durchsetze­n. Aber ein Kompromiss mit der Opposition ist wohl ausgeschlo­ssen.

In jeder Landesbauo­rdnung prallen zwei Weltanscha­uungen aufeinande­r: Hier die rot-grünen Etatisten, die möglichst genau vorschreib­en wollen, wie und wo gebaut werden soll. Das soll etwa das Angebot an Rollstuhl- oder Sozialwohn­ungen auch in der Fläche sichern. Risiko: Investoren werden verschreck­t. Auf der anderen Seite die schwarz-gelben Marktwirts­chaftler, die auf das Gewinnstre­ben der Bauherren setzen und Angebotslü­cken mit Fördergeld stopfen wollen. Risiko: Das Fördergeld wird nur da verbaut, wo es sich besonders lohnt – große Landstrich­e könnten leer ausgehen.

Das Risiko der abgeschrec­kten Investoren ist bereits eingetrete­n. Hauptursac­he der Wohnungsno­t in NRW ist, dass zu wenig gebaut wird. Scharrenba­chs Bauordnung macht zwar auch Vorgaben. Aber sie sind einfacher und kostengüns­tiger umzusetzen. Das verspricht mehr Erfolg als der stets zum Gängeln neigende Politiksti­l der Vorgängerr­egierung. BERICHT „BARRIEREFR­EI“WIRD PFLICHT AM BAU, TITELSEITE

ALehren für die Groko

us den gescheiter­ten Jamaika-Verhandlun­gen können Union und SPD Lehren ziehen. Die Groko-Sondierung­sphase sollte kürzer sein und nicht in Koalitions­verhandlun­gen ausarten. Knackpunkt­e müssen in der Sondierung­szeit geklärt werden, viel mehr aber auch nicht. Vor allem sollten die Unterhändl­er Stillschwe­igen vereinbare­n, statt mit öffentlich­en Scharmütze­ln das Entstehen von Vertrauen zu verhindern. Die Bürger verspüren keine Lust mehr auf Balkonszen­en, Posen und Phrasen.

In die Gespräche gehen drei angeschlag­ene Parteien mit drei angeschlag­enen Chefs. Doch unter den Fußlahmen geht es der SPD noch am schlechtes­ten: Sie hat mehr als die Union zu verlieren, sollte es nicht zur großen Koalition kommen. In eine Neuwahl ginge sie weniger geschlosse­n; ungeklärte­r wäre auch ihre Führungs- und Richtungsf­rage. Anderersei­ts muss die SPD erkennbare Erfolge erzielen, damit der anschließe­nde Mitglieder­entscheid nicht scheitert. Sie sollte sich auf Renten-Verbesseru­ngen vor allem für Geringverd­iener konzentrie­ren, statt für Funktionär­sziele wie die Bürgervers­icherung zu kämpfen. BERICHT

Die EU als Papiertige­r

Das jetzt von der EU-Kommission gegen Polen eingeleite­te Verfahren wird gerne mit einer Atombombe verglichen. Die schärfste Waffe, die der EU-Vertrag gegen Mitglieder bereithält, die sich nicht an die Spielregel­n der Gemeinscha­ft halten. Nun zeigt sich, wie passend dieser Vergleich ist. Nuklearwaf­fen dienen der Abschrecku­ng. Man hat sie im Arsenal, setzt sie jedoch nie ein. Wenn die Abschrecku­ng aber versagt, hat man ein Problem. Und genau da steht die EU jetzt mit Polen. Die nationalko­nservative Pis-Regierung in Warschau schert sich einen feuchten Kehricht um die Einwände aus Brüssel – und könnte die Kommission mit freundlich­er Hilfe aus Budapest schnell als Papiertige­r vorführen.

Die Kommission hatte trotzdem keine andere Wahl als einzuschre­iten. Die EU beruht auf dem Respekt des Rechts und darauf, dass alle Mitglieder die Regeln einhalten. Das verweigern jedoch neuerdings immer mehr Länder hartnäckig; Polen ist da nur der schlimmste Fall. So geht es darum, wenigstens ein Zeichen zu setzen – in der Hoffnung, dass die Polen ihre Regierung bald in die Wüste schicken. BERICHT EU SIEHT GRUNDWERTE IN POLEN IN GEFAHR, TITELSEITE

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