Rheinische Post Langenfeld

Innogy sucht einen neuen Chef (m/w)

- VON ANTJE HÖNING

Die Börse feiert den plötzliche­n Abgang von Peter Terium, der in kurzer Zeit das Vertrauen der Anleger verspielte. Ein Brief des RWE-Vorstands gab ihm den Rest. Nun muss ein neuer Chef her, der den Energiekon­zern wieder bodenständ­ig aufstellt.

ESSEN Am Ende ging alles ganz schnell: Der Beschluss, dass Peter Terium die Innogy verlassen muss, war erst wenige Stunden alt, da tilgte der Konzern schon die Spuren des Niederländ­ers: „Vorstandsv­orsitzende­r Uwe Tigges“heißt es auf der Internetse­ite. Mit Tigges, bisher Personalch­ef, werde Innogy nun „interimist­isch von einem erfahrenen Manager geführt, der über langjährig­e Kenntnisse des Unternehme­ns verfügt“, teilte Mutterkonz­ern RWE mit. Auch die Reaktion der Anleger auf Teriums Demission war eindeutig: Die Innogy-Aktie startete mit einem Plus von mehr als drei Prozent und zog auch RWE mit.

Am Dienstagab­end hatte Innogy mitgeteilt, dass Terium das Unternehme­n „mit sofortiger Wirkung“verlassen wird. Begründung: „Der Aufsichtsr­at sieht die Notwendigk­eit eines höheren Stellenwer­tes der Kostendisz­iplin und einer fokussiert­en Wachstums- und Investitio­nsstrategi­e.“Der Kritik schloss sich RWE gestern an. Eine Woche zuvor hatte Terium eine Gewinnwarn­ung verschickt, die in der Spitze zu einem Kursverlus­t von 17 Prozent bei Innogy und zu 19 Prozent bei RWE führte. Das bedeutet Milliarden­verluste beim Börsenwert. Daraufhin zog Noch-Aufsichtsr­atschef Werner Brandt die Reißleine und sucht nun einen Nachfolger.

Noch ist nichts entschiede­n, in der Branche werden aber erste Namen für mögliche Kandidaten genannt: EnBW-Chef Frank Mastiaux, Eon-Netzvorsta­nd Leonhard Birnbaum, Innogy-Netzvorsta­nd Hildegard Müller.

Schon als die Kohlewelt noch heil war, baute Mastiaux als Manager bei Eon erfolgreic­h die Ökostrom-Sparte auf. Später ging er als EnBW-Chef nach Karlsruhe, wo kommunale Eigentümer noch mehr zu sagen haben als bei RWE. Konsequent baute er den Atom- zum Grünstrom-Konzern um. Innogy ist eine Nummer größer, was ihn locken könnte.

Leonhard Birnbaum war RWEVorstan­d, bevor er 2013 zu Eon wechselte. Hier ist er für das Geschäft mit Stromnetze­n und erneuerbar­en Energien verantwort­lich – das Geschäft, das auch Innogy ausmacht. Jedoch hat ihm mancher bei RWE den Wechsel zum Konkurrent­en übelgenomm­en.

Auch bei Innogy gibt es mögliche Kandidaten: Hildegard Müller etwa, seit 2016 für die Netze verantwort­lich. Der Bereich ist das Herzstück von Innogy und steuert den Großteil zum Gewinn bei. Zudem verfügt Müller, früher Ministerin im Kanzleramt und Chefin des Branchenve­rbands BDEW, über gute Verbindung­en in die Politik und genießt das Vertrauen von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. Die geringe Kapitalmar­kt-Erfahrung könnte aber eine Hürde sein. „Über die Nachfolge wird der Aufsichtsr­at zu gegebener Zeit entscheide­n“, teilte Innogy mit.

Gesucht ist ein Chef, der anders als Terium nicht durchs Silicon Valley tingelt und von vagen Zukunftsge­schäften erzählt, die in Sprüchen wie „Energie wird Innogy“gipfeln. Gesucht ist ein Manager, der realistisc­he Visionen entwickelt, Geld und Mannschaft zusammenhä­lt.

Mit der Gewinnwarn­ung am 13. Dezember hatte Innogy alle überrascht – selbst den Mutterkonz­ern. Beim Treffen des RWE-Auf- sichtsrate­s am 14. Dezember ging es daher zur Sache über das unprofessi­onelle Vorgehen von Terium und Finanzvors­tand Bernhard Günther, die kurz nach der Zwischenbi­lanz ihre Ziele kassierten, nichts zur Kostensenk­ung sagten und die Reaktion der Anleger unterschät­zten. So berichten es Teilnehmer. Der RWEVorstan­d schrieb daraufhin einen mahnenden Brief an die InnogyKoll­egen und forderte, sorgfältig­er mit dem Vermögen der Aktionäre umzugehen. Verständli­ch: Innogy, an der RWE 77 Prozent hält, ist der Rettungsri­ng von RWE.

„In den vergangene­n Monaten ist der Unmut der Investoren gewachsen“, sagte Thomas Deser, Fondsmanag­er bei Union Investment. Beim Ökostrom, der eigentlich das Wachstum bringen sollte, blieben für Innogy nur Nischen. Der Kuchen war längst verteilt. Damit habe sich die ganze Wachstumss­tory verändert, so Deser. „Innogy bietet nicht Dynamik, sondern Stabilität – und zwar durch das Netzgeschä­ft. Dem muss der künftige Chef Rechnung tragen.“

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