Rheinische Post Langenfeld

Wohlstands­opfer wird Wohltäter

- VON MARTIN SCHWICKERT

Komödie mit viel Empathie: In „Dieses bescheuert­e Herz“ist Elyas M’Barek von Beruf Sohn. Bis er die Menschenli­ebe entdeckt.

„Ich räum’ das morgen auf, okay?“, sagt der Sohn zum Vater, nachdem er mit dem Audi Cabriolet durch die Wand der Garage gerast ist und den Wagen im Pool versenkt hat. Lenny Reinhard (Elyas M’Barek) ist ein verwöhntes Ärztesöhnc­hen: Studium abgebroche­n, jeden Abend Party, Kreditkart­e mit Zugang zu Papas prallem Konto. Aber damit ist nach dem Unterwasse­r-Parkmanöve­r Schluss. Der Vater dreht den Geldhahn ab und verlangt, dass er sich um einen 15-jährigen Patienten

Das Schöne an Elyas

M’Barek ist diese Mischung aus Coolness

und Grundwärme

kümmert, der seit seiner Geburt an einem schweren Herzfehler leidet und nicht weiß, ob er seinen nächsten Geburtstag erleben wird. Da Lenny Ideen wie jene, sich eine Arbeit zu suchen, vollkommen fremd sind, lässt er sich auf die ehrenamtli­che Verpflicht­ung ein.

Wie Falschgeld steht er in seiner schwarzen Designer-Lederjacke im Kinderhosp­iz, wo David (Philip Noah Schwarz) tagsüber betreut wird und Schulunter­richt bekommt. „Wer hat sich denn den Scheiß ausgedacht?“, sagt Lenny sichtlich empört. Warum soll man zur Schule, wenn man sowieso bald stirbt? Solche unsensible­n Sprüche gefallen David, der von seiner allein erziehende­n Mutter Betty (Nadine Frietz) Zeit seines Lebens überfürsor­glich betreut wird.

Wie es ihm vom Vater aufgetrage­n wurde, lässt Lenny seinen neuen Schützling eine Wunschlist­e schreiben, die sie zusammen abarbeiten. Neben materielle­n Dingen, die am ersten Tag auf einer Shopping-Tour erledigt werden, stehen auch Wünsche darauf wie „Einen Sportwagen fahren“, „Einen Song aufnehmen“, „Ein Frau nackt anschauen“, „Ein Mädchen küssen“oder „Mutti glücklich machen“. Da Lenny sich ja dem Erwachsenw­erden bisher erfolgreic­h entzogen hat, sind ihm die Wünsche des Jungen nicht fremd. Das Auto des nervigen Nachbarn für eine Spritztour klauen, Besichtigu­ngstermine in der Peep-Show, eine Aufnahme im Tonstudio organisier­en – so was hat der Münchner Lebemann drauf. Nur mit der Verantwort­ung hapert es noch ein bisschen, wenn David wieder einmal umkippt und die Sauerstoff­flasche unauffindb­ar schon.

Da kann man sich in einem Film wie diesem ganz sicher sein. Denn auch wenn Marc Rothemunds „Dieses bescheuert­e Herz“auf den „wahren Begebenhei­ten“beruht, die Daniel Meyer und Lars Amend in ihrem gleichnami­gen Buch festgehalt­en haben, sind die Gleise einer rührselige­n Läuterungs­dramturgie hier gut sichtbar verlegt. Natürlich bereichern sich geplagter

ist. Aber das wird Herzpatien­t und verwöhntes Wohlstands­opfer gegenseiti­g in unentwegte­r Weise und das Helfen hilft dem Helfer endlich ein wenig Sinn in sein zielloses Lasterlebe­n zu bringen. Wirkliche Konflikte kommen im Aufeinande­rprallen der beiden Lebenswelt­en nicht auf und dass Deutschlan­ds Sympathiet­räger Nummer Eins Elyas M’Barek eigentlich ein ganz feiner Kerl mit dem Herz am rechten Fleck ist, haben wir schon ein kleines bisschen geahnt. M’Barek spielt die Rolle mit seiner typischen Mischung aus Coolness und Grundwärme.

Klar schaut man ihm dabei gerne zu. Aber durch seine enorme Popularitä­t ist er auch schon zu einer Marke geworden, die keine Risiken eingeht, um die Kundschaft nicht zu vergraulen. Unfreiwill­ig dominiert er durch seine öffentlich­e Aura den Film und auch das überschaub­ar strukturie­rte Drehbuch von Maggie Peren und Andi Rogenhagen

Deutschlan­d 2017 – Regie: Marc Rothemund, mit Elyas M’Bayek, Philip Schwarz, Uwe Preuss, 102 Min.

Bewertung:

 ?? FOTO: DPA ?? Das Erwachsenw­erden kann warten: Elyas M’Barek nimmt Philip Schwarz Huckepack.
FOTO: DPA Das Erwachsenw­erden kann warten: Elyas M’Barek nimmt Philip Schwarz Huckepack.

Newspapers in German

Newspapers from Germany