Schlau wie eine Maschine
Der britische Astrophysiker Stephen Hawking ist eine der wenigen Stimmen aus der Wissenschaft, die auch in einer breiten Öffentlichkeit Gehör finden. Hawkings Reden kreisten in diesem Jahr immer um das Thema Künstliche Intelligenz (KI). „Wir stehen an einer Schwelle zu einer neuen, mutigen Welt“, sagte der 75-Jährige auf der „Web Summit“, der größten TechnologieKonferenz Europas. Doch Hawking steht den kreativen Super-Computern sehr kritisch gegenüber. „Die Entwicklung Künstlicher Intelligenz könnte entweder das schlimmste oder das beste Ereignis in der Geschichte unserer Zivilisation sein“, sagte der Physiker. Nach seiner Ansicht könnten Computer der menschlichen Intelligenz nacheifern und sie sogar übertreffen. KI könnte einen eigenen Willen entwickeln. „Wir wissen nicht, ob wir von der KI unendlich unterstützt oder vielleicht ignoriert oder möglicherweise sogar zerstört werden“, beschreibt Hawking die möglichen Szenarien.
Viele Wissenschaftler, die im Bereich der selbstlernenden Computer arbeiten, sehen das ganz anders. „KI liefert Hilfsmittel, die unsere Probleme lösen“, sagt Reinhard Karger, „die starke KI, so wie Hawking sie beschreibt, die gibt es nur in Hollywood.“Der Sprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken verweist auf einen großen Unterschied. „Maschinen erkennen etwas, aber Menschen können etwas verstehen“, sagt Karger. Die Stuttgarter Technikphilosophin Catrin Misselhorn ist des Untergangsszenarios längst überdrüssig: „Die Debatte um die Superintelligenz der Maschinen verstellt den Blick auf die wichtigen Fragen“, sagt sie.
Künstliche Intelligenz kann Dinge mit hoher Geschwindigkeit erledigen, die Menschen nicht beherrschen oder die ihnen schwerfallen. Sie muss nur ein paar Takte eines Liedes hören, um den Interpreten und ähnliche Musikstücke zu identifizieren. Sie kombiniert Bilder aus der realen Welt mit Elemen- ten aus Datenbanken. Sie liest Dokumente, erkennt deren wichtigste Aussagen und liefert Vorschläge für das weitere Vorgehen. Selbst das Aufspüren von Ironie ist den Maschinen nicht mehr fremd. Die Computer lernen binnen 48 Stunden eine fremde Sprache und übersetzen sie. Menschen werden bald kaum eine Chance haben, irgendeine Wissensfertigkeit ähnlich gut wie oder gar besser als eine Maschine zu beherrschen.
Diese einfache Erkenntnis wird die Arbeitswelt revolutionieren. Zunächst wird die KI bestimmte Berufsfelder begleitend unterstützen. Doch konsequenterweise kann das nur der Anfang eines Prozesses sein, an dessen Ende die Abschaffung eines Berufsbilds steht. Zunächst überwiegen noch Angst und Skepsis, ob die Bewertung eines Computers mit den Einschätzungen und dem Erfahrungsschatz eines Menschen mithalten kann. Unsere Bereitschaft, Aufgaben an Computer abzugeben, ist unterschiedlich ausgeprägt. Nur zwei Beispiele: Es ist keine Frage, dass Computer viel sicherer erkennen, ob der Ball beim Fußball die Torauslinie überschritten hat. Doch vermutlich können sie auch Röntgenbilder besser analysieren als ein Mensch. Sollte nicht besser ein Rechner entscheiden, ob das MRT eines Patienten den Beginn einer Krankheit oder einen Tumor zeigt? Dafür müssen große Datenmengen ausgewertet werden, und bei solchen Aufgaben sind auch gut ausgebildete Menschen fehlerbehaftet.
Künstliche Intelligenz ist immer dann erfolgreich, wenn die Lösungen einer Aufgabe mehr oder weniger eindeutig
sind. Aber kön-
nen Maschinen besser Auto fahren als Menschen? Wenn man die Teilnahme am Straßenverkehr auf die Einhaltung von Regeln und eine unfallfreie Fahrt beschränkt, dann dürfte der Autopilot gewinnen. Doch dass Maschinen in vielen Fällen andere Entscheidungen treffen als Menschen, ist kein Geheimnis, und es ist höchste Zeit, sich damit zu beschäftigen. Das zeigt schon das Beispiel eines StaubsaugerRoboters, der eine vergleichsweise einfache Aufgabe erfüllt. Die Maschine würde einen Marienkäfer dabei über-