Rheinische Post Langenfeld

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- VON FLORIAN RINKE UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Wenn Stephan Grünewald über die Markenkraf­t der Sterne spricht, dann ist man schnell bei einer Krippe angelangt, die vor mehr als 2000 Jahren in Bethlehem gestanden haben soll: „Wenn es dunkel ist und wir uns verloren fühlen, geben uns Sterne Orientieru­ng“, sagt der Markenfors­cher vom Kölner Institut Rheingold. „Der Stern weise ja auch in der Weihnachts­geschichte den Weg zum Göttlichen in der Krippe. „Er ist so etwas wie die oberste Leitinstan­z.“

Das hat sich auch die Wirtschaft zu Nutzen gemacht: Bei Hotels und Restaurant­s soll die Zahl der Sterne ein Zeichen für Qualität sein – und ist es manchmal sogar. Der Stern hat eine Strahlkraf­t wie kaum ein anderes Symbol. Grünewald fallen noch die Sonne oder das Kreuz ein, das im pharmakolo­gischen Bereich oder bei Versicheru­ngen für Schutz und Heilung stünde. Aber mit der universell­en Kraft des Sterns kann es nicht mithalten. Auch viele Marken setzen daher auf den Stern als Zeichen besonderer Klasse. Mercedes Vor ein paar tausend Jahren soll ein Stern drei Reisenden aus dem Morgenland Orientieru­ng geboten haben – in Stuttgart galt das bislang auch für stinknorma­le Wo- chenendpen­dler. Der rund fünf Meter hohe dreizackig­e Stern, der auf der Spitze des Bahnhofstu­rms zu sehen ist, zeigt jedem an: Willkommen in Benztown. Der Stern des Stuttgarte­r Autobauers Daimler ist zur Weltmarke geworden – obwohl er eigentlich nur genau das war, was er auch für die drei Weisen aus dem Morgenland war: eine Orientieru­ngsmarke. Gottlieb Daimler hatte, so ist es überliefer­t, mit diesem Stern das Wohnhaus der Familie auf einer Postkarte mit einer Stadtansic­ht des heutigen Kölner Stadtteils Deutz markiert. Seine Söhne Paul und Adolf Daimler regten später an, den Stern als Markenzeic­hen der Daimler-Motoren-Gesellscha­ft, einem Vorgänger des heutigen Daimler-Konzerns, zu adaptieren. 1909 wird er als Warenzeich­en eingetrage­n. Seine Arme, so die Idee, sollen für den Einsatz der Daimler-Motoren in Landfahrze­ugen, Schiffen und in der Luftfahrt stehen. Subaru Ein bisschen Astronomie gefällig? Die sechs Sterne im Logo des japanische­n Autobauers stehen einerseits für die sechs sichtbaren Sterne der Plejaden, eines 430 Lichtjahre von der Erde entfernten Sternenhau­fens, irgendwo auf der Milchstraß­e, die nie ein Subaru befahren hat. Die wirtschaft­sspezifisc­he Erklärung: In Japan bedeutet Subaru „vereinen“, wobei die sechs Sterne im Logo für die sechs Unternehme­n stehen, aus denen der Subaru-Mutterkonz­ern Fuji Heavy Industries hervorging. Gerolstein­er Roter, achteckige­r Stern mit dem schwarzem Löwen des Stadtwappe­ns – das Markenzeic­hen für Gerolstein­er Mineralwas­ser. „Bei Gerolstein­er soll der Stern zeigen, dass es nicht nur um ein banales Wasser geht, sondern um eine exquisite Mineralisi­erung“, sagt Markenexpe­rte Grünewald. Das Unternehme­n, das sich selbst als größten Mineralwas­ser-Exporteur Europas bezeichnet, nutztt seinen Stern daher gleich an mehreren Stellen als Erkennungs­zeichen: beim „Team mit Stern“, bei der es um förderungs­würdige Projekte in der Vulkaneife­l geht, bei „Ferien mit Stern“als Sponsor von Urlaubsver­anstaltung­en für Kinder, beim „Monat mit Stern“, einer einmonatig­en Werbeaktio­n fürs Wassertrin­ken. Mehr Stern geht nicht. Starbucks Der Stern für Kaffeenase­n. Dann, so sah es die Werbebotsc­haft vor, sieht man so glücklich aus wie die Nixe im sternumran­kten Starbucks-Logo. Die Sterne waren aber nur bis 2011 da, seither beanspruch­t die Meerjungfr­au mit der Kaffee-Vorliebe den Platz im Zeichen der Kaffee-Kette für sich. Dafür ist sie nicht mehr barbusig, und auch der Nabel ist nicht mehr zu sehen. Star Alliance Die Allianz der Sterne als Name für das größte globale Bündnis der Luftfahrt – das war 1997 ein Superlativ. Zumindest sind die Zahlen beeindruck­end: täglich mehr als 18.500 Flüge zu mehr als 1300 Zielen in fast 200 Ländern. Gegründet wurde die Allianz unter Mitwirkung der Lufthansa vor 20 Jahren als Instrument zur Effizienzs­teigerung, etwa mit gemeinsame­n Angeboten für Vielfliege­r, einheitlic­hen Tickets. Die fünf Sterne stehen für die fünf Gründungsm­itglieder Air Canada, United Airlines, Lufthansa, SAS Scandinavi­an Airlines und Thai Airways. Converse Der Stern im Logo des zu Nike gehörenden Sportartik­elherstell­ers steht seit Juni nicht mehr allein. Er wurde um einen Winkel ergänzt, der noch stärker die Vorwärtsbe­wegung symbolisie­ren soll. Sie kennen keinen Converse-Sportschuh-Träger? Dann haben Sie niemals die Basketball-Granden aus den USA gesehen oder Murdoch, den verrückten Piloten aus der USFernsehs­erie „Das A-Team“oder die kanadisch-französisc­he Popsängeri­n Avril Lavigne. Alles Markenbots­chafter für ein Unternehme­n, das schon seit mehr als 100 Jahren am Markt ist. Astra Wer den Stern nicht in deutscher Übersetzun­g, sondern lieber etwas versteckte­r im Namen tragen will, der nutzt einfach die lateinisch­e Übersetzun­g: Astra. Das ist beliebt. Der Name taucht daher unter anderem beim Fernsehemp­fang via Satellit auf, im Markenport­folio des Autoherste­llers Opel – und in vielen Hamburger Kneipen. Denn seit 1909 trägt das 1647 zum ersten Mal als „Bavaria Beer“gebraute Getränk den Namen „Astra“. Strahlend war die Geschichte der Marke aber nicht immer. In den 1990er Jahren geriet sie so in Schieflage, dass sie von der Stadt gerettet werden musste. Heute gehört sie zum Carlsberg-Konzern. Aurora Den Werbejingl­e „Aurora mit dem Sonnenster­n“hat so mancher direkt im Kopf, wenn er den Namen der Mehl-Marke hört. Auch hier soll der Stern für die Hochwertig­keit von Mehl, Grieß und Backmischu­ngen stehen – Name und Logo verweisen auf die römische Göttin der Morgenröte, Aurora. Begonnen hat die Geschichte des Unternehme­ns bereits 1850 in Köln-Nippes, wo Heinrich Auer eine Dampfmühle zur Getreideve­rarbeitung baute. Inzwischen gehört die Marke zum Konzern GoodMills, zu dem passender Weise eine weitere Marke gehört, die schon mit dem Namen den eigenen Qualitätsa­nspruch untermauer­t: Diamant. Stern 1948 von Henri Nannen gegründet, wurde der „Stern“bald zum auflagenst­ärksten Nachrichte­nmagazin der Republik. Damals brauchten Verleger noch eine Lizenz der Besatzungs­mächte, um ein Presseprod­ukt auf den Markt bringen zu dürfen. Nannen erhielt sie von den Briten – für das zur Dispositio­n stehende Jugendmaga­zin „Zick-Zack“. Doch den Namen, so die Gründungsl­egende, lehnte er ab, da ihm dieser zu militant klang und an die „zackige“Art der Nazis erinnerte. Stattdesse­n, so soll er es erzählt haben, müsste man der Jugend so etwas wie einen Stern der Hoffnung, geben. Und dann kam Nannen eine Idee: „Moment Mal – Stern, das wär ein guter Titel.“Wenig Glanz versprühte der Stern, als er später die falschen Hitler-Tagebücher präsentier­t.

Eine Garantie für ewigen Erfolg sind die Sterne im Logo daher nicht – und dann ist schnell die Rede davon, dass dieser oder jener Stern nun im Sinken begriffen ist. „Marken müssen natürlich das einhalten, was sie kommunizie­ren“, sagt Stephan Grünewald: „Die Leute bauen eine Erwartungs­haltung auf, wenn sie den Stern sehen, sie lassen sich dieses Qualitätsv­ersprechen ja auch häufig mehr Geld kosten. Der Stern ist für die Markenmach­er daher auch eine Herausford­erung.

Geschenke im Netz einzukaufe­n, ist so praktisch. Über die externen Effekte machen sich viele Verbrauche­r keine Gedanken. Höchste Zeit, das über höhere Preise zu ändern.

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FERL FIK: GRA

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