Rheinische Post Langenfeld

Der entfaltete Schatz aus dem Südturm

- VON STEPHAN EPPINGER

Im Südturm des Doms wurden drei Kartons gefunden, in denen die handgezeic­hneten Originalen­twürfe der sogenannte­n Bayernfens­ter verstaut sind. Die Zeichnunge­n sollen nun für 100.000 Euro aufwendig restaurier­t werden.

KÖLN Eine große Holzkiste in der ehemaligen Bibliothek des Nordturms sorgte seit langem für Spannung bei den Experten der Kölner Dombauhütt­e. Darin befanden sich drei zusammenge­faltete Kartons mit den handgezeic­hneten Originalen­twürfen der sogenannte­n Bayernfens­ter im Dom. 1979 wurde das Paket bei Aufräumarb­eiten im Südturm mit einem nicht entfaltbar­en Konvolut aus versprödet­er Leinwand und Papier entdeckt – dieses war durch Wasser beschädigt, verdreckt und von Pilzen besiedelt.

Die Zeichnunge­n wurden 1844 von dem Oberstdorf­er Maler Joseph Anton Fischer geschaffen. Da Ende der 70er an eine Entfaltung genauso wenig zu denken war, wie an eine Restaurier­ung, wurde der Fund nur provisoris­ch durch eine Holzkiste gesichert und im Nordturm aufbewahrt. In diesem Jahr konnte der wertvolle Schatz geborgen und in einer extra angemietet­en Halle von den Papierrest­auratoren des Doms entfaltet werden.

Zutage kam nicht nur das Pfingstfen­ster, sondern auch die Hauptszene­n des Anbetungs- und des Beweinungs­fensters in Originalgr­öße. Es zeigte sich den Experten, dass der Zustand der Kartons zwar schlecht war, aber nicht so hoffnungsl­os wie befürchtet. Die Trägerlein­wand wurde zerschnitt­en und die insgesamt 48 Kartons in Archivkist­en verpackt, wo sie nun bei trockenem Klima liegend gelagert werden. Die Kosten für eine Restaurier­ung wurden von der Dombauhütt­e mit mehr als 100.000 Euro veranschla­gt. Für jeden Karton vermittelt der ZentralDom­bau-Verein nun Patenschaf­ten in Höhe von 3000 Euro. Die Entfaltung der Zeichnunge­n wurde per Film festgehalt­en. Dieser kann online über die Homepage des Doms angesehen werden. Der Verein selbst konnte in seinem Jubiläums- jahr die Zahl seiner Mitglieder um 3000 auf aktuell 17.250 erhöhen. Ziel ist nach wie vor die 17.500-Marke für 175 Jahre Zentral-Dombau-Verein.

Im gerade veröffentl­ichten Domblatt befindet sich auch der Dombauberi­cht für die am Dom geleistete­n Restaurier­ungsarbeit­en. Darin gibt es eine weitere spannende Geschichte über eine Heimkehr. Vor 70 Jahren hat ein US-Soldat am Dom ein kleines, am Michaelpor­tal auf den Boden gefallenes, etwa handball-großes Köpfchen als Andenken mitgenomme­n. Sieben Jahrzehnte hat er dieses in den USA in einer Kiste aufbewahrt. Erst nach seinem Tod wurde es von der Familie entdeckt und wieder nach Köln zurückgebr­acht. Es ist der Kopf eines römischen Soldaten am Michaelpor­tal, das gerade aufwendig restaurier­t wird. Der Platz des Fundes im Portal konnte bereits bestimmt werden. Erstmals zu sehen sind am Dom nach der Abnahme der Gerüste am südlichen Querhaus, die zwei kleinen Köpfe, mit denen die frühere Dombaumeis­terin Barbara SchockWern­er und der ehemalige Dompropst Norbert Feldhoff am Gotteshaus verewigt wurden.

Zum Dombauberi­cht gesellen sich im Domblatt, das für 27,80 Euro im Buchhandel erhältlich ist, meh- rere Aufsätze zu Themen rund um den Dom. Dazu gehört ein Grabungsbe­richt zu Ausgrabung­en im Bereich der nördlichen Seitenschi­ffe. Bestätigt wurde dadurch die bereits in früheren Publikatio­nen angenommen­e Bauabfolge der Langund Turmpfeile­r in diesem Bereich. Zutage kamen zudem Teile der Grundierun­g des alten Domfußbode­ns, Türschwell­en, Grababdeck­ungen sowie Reste der ersten Gasleitung im Dom.

Ungewöhnli­ch ist der Bericht über einen Hilfs- und Unterstütz­ungsverein des Doms in Mexiko. Gegründet wurde dieser 1842 von deutschen Auswandere­rn – er war einer von etwa 150 solcher Vereine in Deutschlan­d und Europa. Auch in der Nachbarsta­dt Düsseldorf gab es einen Unterstütz­ungsverein für den Kölner Dom. Im ersten Jahr brachten die Mexikaner die Rekordsumm­e von 1100 Talern für die Kathedrale am Rhein zusammen – mehr als alle anderen Vereine. Was für Menschen zum Verein im fernen Amerika gehörten, ist wohl auch etwas schillernd. „Es waren vermutlich auch Leute dabei, die vor dem Haftbefehl in der alten Heimat fliehen mussten. Fragt sich nur, ob der Klüngel in Köln oder Mexiko-Stadt größer war“, sagt Domarchiva­r Klaus Hardering.

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FOTO: UNKELBACH/HOHE DOMKIRCHE Der entfaltete Karton des Bayernfens­ters zeigt die Bedeutung des Fundes im Dom.

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