Die spektakulärsten Prozesse des Jahres
Düsseldorfer Gerichte befassten sich etwa mit einem Misshandlungsskandal, einem Amoklauf und einem spannenden Namensstreit.
(RP) Von Rotlicht-Gaunereien bis zum Ferrari-„Rotkopf“(Testarossa) hatte die Justiz 2017 spektakuläre Fälle abzuhandeln. Hier eine Übersicht: Fenstersturz an der Rethelstraße Einen Tatort aus Legosteinen nachgebaut hat der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts in Heimarbeit. Im Prozess um den Fenstersturz einer Frau aus einem Haus an der Rethelstraße war deren Freund (40) wegen Mordversuchs angeklagt. Der Mann bestritt, die Frau rücklings aus einem Treppenhausfenster im zweiten Stück geworfen zu haben. Mit dieser Version hatte im April die schwer verletzte Frau ihren Freund schwer belastet. Doch Widersprüche in ihren Aussagen hatten so schwere Zweifel geweckt, dass der Richter die Hausfassade nachbaute und von einem Gutachter anhand des Modells erklären ließ, ob die Beschuldigungen zutreffen könnten. Im Ergebnis wurde der Ex-Freund Mitte Oktober vom Verdacht des Mordversuchs freigesprochen. Tod in Papierfabrik Ohne Schuldspruch, aber mit der Unterbringung eines 17-Jährigen in einer geschlossenen Psychiatrie-Klinik, endete im Herbst ein Landgerichtsprozess um den Tod einer 15-Jährigen in einer früheren Papierfabrik. Ein Gutachter stufte den 17-Jährigen wegen einer akuten psychischen Erkrankung als schuldunfähig ein, betonte zugleich dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit. Misshandlungsskandal Richter einer anderen Landgerichtskammer hatten über einen Misshandlungsskandal bei der Kinder- und Jugendeinrichtung Educon zu verhandeln. Angeklagt war eine Gruppe Erzieher, darunter eine Gruppenleiterin. Sie hatten etliche neun bis 15 Jahre alte autistische Kinder systematisch gequält. Im Urteil im April stellte das Gericht fest, die Angeklagten hätten an ihrem „menschenunwürdigen Verhalten“Spaß gehabt und es genossen. Die damalige Gruppenleiterin der kurz nach Bekannt- werden des Skandals aufgelösten Einrichtung wurde zu 32 Monaten Haft verurteilt, weitere Mitarbeiter erhielten Bewährungsstrafen von 20 und 15 Monaten. Amoklauf mit Axt Nach einem Amoklauf mit einer Axt am Hauptbahnhof mit acht zum Teil schwer verletzten Opfern wurde ein 37-Jähriger aus dem Kosovo im September vom Landgericht dauerhaft in einer Psychiatrie-Klinik untergebracht. „Du musst jetzt einschlagen auf die Menschen – jetzt oder nie“, sollen Stimmen im Kopf des Mannes befohlen haben. Am Tattag, dem 9. März, war er von Wuppertal per Bahn nach Düsseldorf gereist, hatte hier in einem Anfall paranoider Schizophrenie an einem Bahnsteig mit der Axt wahllos um sich geschlagen. Als Gefahr für die Allgemeinheit müsse er dringend psychiatrisch behandelt werden, befand das Landgericht. Geheimnisverrat Als deutlich harmloser als angenommen hat sich ein mutmaßlicher Maulwurf beim Verfassungsschutz im Landgerichtsprozess entpuppt. Der 52-Jährige war unter Terrorverdacht festgenommen worden, weil er sich als Verfassungsschützer angeblich islamistisch radikalisiert und „Glaubensbrüder“zu einem Anschlag auf die Kölner Verfassungsschutz-Zentrale ermuntert habe. Nach und nach kam in der Verhandlung heraus, dass der Mann kein verdeckter Islamist war, sondern nur „aus Langeweile“in sozialen Netzwerken unter mehreren Alias-Namen Unfug verbreitete. Wegen versuchten Geheimnisverrats kam es im September zum Schuldspruch: ein Jahr auf Bewährung. Rotlicht-Prozess Mehr als vier Jahre brauchte eine Strafkammer des Landgerichts, um im Juli den Rotlicht-Prozess um die systematische Betäubung und Ausplünderung von Bordell-Kunden in Etablissements an der Rethelstraße abzuschließen. Tomas M., Ex-Geschäftspartner von Rotlicht-Größe Bert Wollersheim, wurde nach 316 Verhandlungstagen und der Vernehmung von mehr als 200 Zeugen zu rund acht Jahre Haft verurteilt, einer seiner Mitarbeiter zu vier Jahren. Ferrari-Namensstreit Verloren hat im August der Sportwagenhersteller Ferrari im Namensstreit um die Modellbezeichnung Testarossa (Rotkopf). Ein Nürnberger Unternehmer hatte moniert, dass die Namensbezeichnung von der Kult-Autoschmiede seit Jahrzehnten nicht mehr gepflegt werde, dass Ferrari das Markenrecht damit verwirkt habe. Dieser Ansicht hat das Landgericht entsprochen. Der siegreiche Fabrikant will die Bezeichnung nun für Zweiräder oder E-Bikes verwenden – oder gar für Rasierer.