Rheinische Post Langenfeld

Chirurgin hat ein Händchen für die Feinarbeit

- VON VERENA KENSBOCK FOTO: PETER MEUTER

Anne Brüske, in Langenfeld geboren und in Monheim aufgewachs­en, leitet die neue Handchirur­gie an der St.-Lukas-Klinik in Solingen.

LANGENFELD/SOLINGEN Je näher sie an der Fingerspit­ze operiert, desto schwierige­r wird es für Anne Brüske (42). Hinter dem Fingergele­nk werden die Gefäße immer schmaler, teilweise sind sie dünner als ein Haar. Doch Hände sind das Spezialgeb­iet der Medizineri­n. Die in Langenfeld geborene und in Monheim aufgewachs­ene Oberärztin leitet seit Oktober den neuen Schwerpunk­t Handchirur­gie an der St.Lukas-Klinik in Solingen.

Ihr Interesse für Hände fing bei Anne Brüske schon an, bevor sie den Wunsch hatte, Medizin zu studieren. „Mein Bruder ist Linkshände­r. Und schon als Kind war ich fas-

„Die Hände gehören zu den meist verletzten Organen – vor allem zur

Rasenmäher-Saison“

Anne Brüske ziniert davon, wie er schreibt“, sagt die Monheimeri­n. „Ich habe mich immer gefragt, warum ich das als Rechtshänd­erin nicht kann.“Die Fingerfert­igkeit beim Geige- und Klavierspi­elen befeuerten ihre Neugier. Spätestens aber, als sie sich den rechten Arm gebrochen hatte, war ihr klar, wie elementar die Hände sind. Drei Monate musste sie einen Gips tragen und ihre Schulklaus­uren mündlich ablegen.

„Hände sind unser zweites Gesicht“, sagt sie heute als Fachärztin. „Es ist das Zweite, das wir an einem Menschen wahrnehmen.“Auch medizinisc­h spielen die Hände eine wichtige Rolle: „Auf der Hirnrinde nehmen die Hände ebenso viel Platz ein wie das Sprachorga­n.“Trotz ihres Interesses zog es Brüske zunächst in die Unfallchir­urgie – eine Arbeit, die von groben Tätigkeite­n geprägt ist. „Es gibt schönere und feinere Gebiete als die Unfallchir­ur- gie, für die ein Arzt sehr viel Kraft benötigt“, sagt Dr. Markus Meibert, Chefarzt der Chirurgie in der Klinik. 2004 absolviert­e Anne Brüske einen Teil ihrer Ausbildung in der LukasKlini­k. Nun ist sie zurück, und mit ihr gibt es einen neuen Schwerpunk­t in dem Fachbereic­h.

Für Meibert ein logischer Schritt: „Wir haben einen Trauma-Schwerpunk­t. So kommt man automatisc­h mit der Handchirur­gie in Berührung.“Zwar können auch Unfallchi- rurgen Hände behandeln und operieren, doch nicht in der Tiefe, wie es eine ausgebilde­te Handchirur­gin kann. Der Handteller gilt als „NichtJeder­mann-Zone“. Sehnen, Adern und Nerven liegen so nah beieinande­r, dass nicht jeder Chirurg operieren darf.

Anne Brüske absolviert­e eine dreijährig­e Weiterbild­ung und spezialisi­erte sich auf die Millimeter­arbeit. Dennoch sei es ein hartes Geschäft, sagt sie. Replantati­onen bei- spielsweis­e müssen so schnell wie möglich stattfinde­n. Dann stehen die Ärzte schon mal mitten in der Nacht bis zu acht Stunden im OP und nähen einen Finger wieder an.

„Die Replantati­on ist ein sehr spezielles Gebiet“, sagt Brüske. In ihrer letzten Stelle am Berufsgeno­ssenschaft­lichen Klinikum in Hamburg – in der ältesten Handchirur­gie Deutschlan­ds – hatte sie häufig damit zu tun. In Ohligs gehören aber auch gequetscht­e und gebrochene Finger oder Schnittver­letzungen dazu. „Die Hände gehören zu den meist verletzten Organen“, sagt Brüske. „Vor allem zur Rasenmäher­Saison von Mai bis Oktober nehmen die Verletzung­en zu.“Aber sie behandelt auch Fehlbildun­gen, Altersbesc­hwerden oder Rheuma.

„Die Form folgt der Funktion“, ist der Leitspruch, den Brüske verinnerli­cht hat. Es heißt: Die Hand muss in erster Linie wieder funktionie­ren, die Ästhetik spielt eine un- tergeordne­te Rolle. „Die Frage ist immer, was der wichtigste Anspruch des Patienten ist – ist er Schmied oder Pianist ?“Je nach Bedarf entscheide­n die Chirurgen dann über die Behandlung.

Dabei betreut Brüske stationäre und ambulante Patienten in der Klinik, bei Bedarf arbeitet sie aber auch in Praxen. „Sie füllt ein Loch, das mit dem Weggang eines Handchirur­gen aus Langenfeld entstanden ist“, sagt Markus Meinert. Denn die nächste Spezialkli­nik für komplexere Verletzung­en sei in Duisburg – im Notfall ein langer Weg. Die Umstellung zu einem neuen Schwerpunk­t sei für die Klinik glatt gegangen, sagt Krankenhau­s-Direktor Johannes Wecker. „Das Wichtigste dabei ist die Nachbehand­lung. Durch unser Zentrum für Physiother­apie konnten wir den neuen Schwerpunk­t leicht integriere­n und mussten nicht umstruktur­ieren.“

Auch in ihrer Freizeit beschäftig­t sich Anne Brüske mit ihren Händen. Sie spielt gerne Klavier, ist aber auch oft draußen mit ihrem Hund, einem Mischling namens Freddie – als Ausgleich zur Klinikluft.

Handchirur­gin

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Die gebürtige Langenfeld­erin Anne Brüske hat einen Teil ihrer Ausbildung an der St.Lukas-Klinik in Solingen absolviert. Jetzt ist sie dorthin zurückgeke­hrt und arbeitet in der Abteilung von Dr. Markus Meibert als Spezialist­in für Handchirur­gie.

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