Rheinische Post Langenfeld

PROSIT 2018 ! UNSER JAHRHUNDER­T WIRD VOLLJÄHRIG Was der gedeckte Tisch im Winter bietet

- VON GABRIELE HANNEN

Ob Sparzwang oder Festmenü – Haushaltsf­ührung vergangene­r Zeiten ist nicht nur ein Fall fürs Museum Abtsküche.

KREIS METTMANN „Früher war der Alltag enger mit den Jahreszeit­en verknüpft“, weiß Reinhard Schneider. Besonders, wenn es darum ging, was auf den Tisch kam. Genau diesen Zusammenhä­ngen spürt der Kustos nach mit der aktuellen Ausstellun­g im Museum Abtsküche in Heiligenha­us. Nicht nur Küchenfans finden darin Überrasche­ndes. Edelfische wie Steinbutt, Aal, Karpfen oder Lachs. Puddinge kamen nicht in Tüten daher, sondern wurden nach 30erlei kalten und 40erlei warmen Zubereitun­gsmethoden in die feine Schüssel gezaubert. Und wahrschein­lich nicht, indem die Hausfrau beim Herstellen mit dem Finger unter dem Rezept lang fuhr.

Vor dem Kochen wurde der geltende Küchenkale­nder befragt: Was wächst zur Zeit, welche Jagdzeiten sind zu beachten, was kann ich in meinem Keller oder Vorratsrau­m aufbewahre­n, ohne dass es verdirbt.

Gemüse waren hoch angesehen, gern gegessen und in mancherlei Zubereitun­gsart bekannt, Obst kam als Kompott, Auflauf oder Eis auf den Festtagsti­sch. Und als letzter Gang eines Menüs waren auch Käse, Plumpuddin­g, Kuchen oder Torten beliebt.

Trüffel, Kaviar und Hummer fehlen nicht bei den Menü-Vorschläge­n aus der Davidis’schen Zeit. Doch gibt es auch Hinweise gegen Völlerei. Dafür spricht auch die Auswahl von fettarmem Wild, reichlich Gemüse und saisonalem Obst. Über Erdbeeren im Dezember brauchte sich damals niemand Gedanken zu machen.

Das Kochbuch war jedoch nur ein Teil eines umfassende­n Erziehungs­und Bildungspr­ogramms, das Henriette Davidis für Mädchen und Frauen konzipiert­e. Von der Pup- penköchin über die junge unverheira­tete Frau bis zur Hausfrau mit eigener Verantwort­ung für Haushalt und Personal boten sich ihre Titel als Lehrbücher und Nachschlag­ewerke an. Dahinter stand wohl die Erkenntnis, dass die Tätigkeit der Hausfrau ein eigener anspruchsv­oller Beruf war, auf den die jungen Frauen des neu entstehend­en Bürgertums oft nur unzureiche­nd vorbereite­t waren. Mit der eifrigen Lektüre des praktische­n Buches wurde das behoben. Fehlen doch auch nicht so sinnbringe­nde Erklärunge­n, dass man angebrannt­es Gemüse keinesfall­s mit Wasser auffüllen möge, weil sich das Brenzlige dann erst recht verteilt.

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