PROSIT 2018 ! UNSER JAHRHUNDERT WIRD VOLLJÄHRIG Was der gedeckte Tisch im Winter bietet
Ob Sparzwang oder Festmenü – Haushaltsführung vergangener Zeiten ist nicht nur ein Fall fürs Museum Abtsküche.
KREIS METTMANN „Früher war der Alltag enger mit den Jahreszeiten verknüpft“, weiß Reinhard Schneider. Besonders, wenn es darum ging, was auf den Tisch kam. Genau diesen Zusammenhängen spürt der Kustos nach mit der aktuellen Ausstellung im Museum Abtsküche in Heiligenhaus. Nicht nur Küchenfans finden darin Überraschendes. Edelfische wie Steinbutt, Aal, Karpfen oder Lachs. Puddinge kamen nicht in Tüten daher, sondern wurden nach 30erlei kalten und 40erlei warmen Zubereitungsmethoden in die feine Schüssel gezaubert. Und wahrscheinlich nicht, indem die Hausfrau beim Herstellen mit dem Finger unter dem Rezept lang fuhr.
Vor dem Kochen wurde der geltende Küchenkalender befragt: Was wächst zur Zeit, welche Jagdzeiten sind zu beachten, was kann ich in meinem Keller oder Vorratsraum aufbewahren, ohne dass es verdirbt.
Gemüse waren hoch angesehen, gern gegessen und in mancherlei Zubereitungsart bekannt, Obst kam als Kompott, Auflauf oder Eis auf den Festtagstisch. Und als letzter Gang eines Menüs waren auch Käse, Plumpudding, Kuchen oder Torten beliebt.
Trüffel, Kaviar und Hummer fehlen nicht bei den Menü-Vorschlägen aus der Davidis’schen Zeit. Doch gibt es auch Hinweise gegen Völlerei. Dafür spricht auch die Auswahl von fettarmem Wild, reichlich Gemüse und saisonalem Obst. Über Erdbeeren im Dezember brauchte sich damals niemand Gedanken zu machen.
Das Kochbuch war jedoch nur ein Teil eines umfassenden Erziehungsund Bildungsprogramms, das Henriette Davidis für Mädchen und Frauen konzipierte. Von der Pup- penköchin über die junge unverheiratete Frau bis zur Hausfrau mit eigener Verantwortung für Haushalt und Personal boten sich ihre Titel als Lehrbücher und Nachschlagewerke an. Dahinter stand wohl die Erkenntnis, dass die Tätigkeit der Hausfrau ein eigener anspruchsvoller Beruf war, auf den die jungen Frauen des neu entstehenden Bürgertums oft nur unzureichend vorbereitet waren. Mit der eifrigen Lektüre des praktischen Buches wurde das behoben. Fehlen doch auch nicht so sinnbringende Erklärungen, dass man angebranntes Gemüse keinesfalls mit Wasser auffüllen möge, weil sich das Brenzlige dann erst recht verteilt.