Rheinische Post Langenfeld

Sozialabga­ben sollen nicht steigen

- VON JAN DREBES, KRISTINA DUNZ, BIRGIT MARSCHALL UND EVA QUADBECK

Die Groko-Unterhändl­er wollen die Summe der Sozialbeit­räge unter 40 Prozent des Bruttoeink­ommens halten. Heute sollen die Sondierung­en abgeschlos­sen werden. Die Skepsis allerdings ist noch groß.

BERLIN Union und SPD haben sich für eine mögliche Fortsetzun­g ihrer Koalition schon auf etliche Details geeinigt. Bei Themen wie Asylpoliti­k, Bürgervers­icherung, Rente und Steuern liegen sie aber noch weit auseinande­r. Die Streitfrag­en sollen heute am Ende der fünftägige­n Sondierung­en nach Informatio­nen unserer Redaktion im Kreis der Parteiund Fraktionsc­hefs geklärt werden. Teile der Union waren gestern alarmiert, dass die CDU der SPD-Forderung nach einem höheren Spitzenste­uersatz nachgeben könnte.

In allen drei Parteien herrscht Skepsis, ob die Einigung auf ein Papier gelingt, das den Gremien von CDU und CSU und vor allem auch der SPD die Zustimmung zum Start von Koalitions­verhandlun­gen ermöglicht. Aber auch bei einem erfolgreic­hen Sondierung­sergebnis wird befürchtet, dass Kritiker der Groko die Zeit bis zum SPD-Sonderpart­eitag am 21. Januar nutzen, um Stimmung gegen eine Neuauflage des Bündnisses zu machen.

Bei der Mütterrent­e lag der Kompromiss-Vorschlag auf dem Tisch, nur für Frauen mit drei oder mehr Kindern die Altersbezü­ge zu erhöhen. Dafür könnten sich die Sozialdemo­kraten mit ihrer Forderung nach einer Solidarren­te für Geringverd­iener durchsetze­n. Wenn diese Leistungen nicht aus Steuermitt­eln finanziert werden, würden die Sozialkass­en zusätzlich belastet.

Bei den Aufgaben für die Sozialvers­icherungen haben sich die Sondierer in der Arbeitsgru­ppe Wirtschaft allerdings Zurückhalt­ung auferlegt. „Die Sozialabga­ben wollen wir im Interesse von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn bei unter 40 Prozent stabilisie­ren“, heißt es unter Bezug auf das Bruttoeink­ommen in dem Papier der Arbeitsgru­ppe, das unserer Redaktion vorliegt. Einige kostenträc­htige Vorhaben sind aber in Sicht. So sollen die Löhne in der Altenpfleg­e steigen – die Finanzieru­ng ist unklar. Künftige Lohnsteige­rungen in Kliniken sollen von den Krankenkas­sen voll finanziert werden, was perspektiv­isch die Beiträge für die Krankenkas­sen in die Höhe treibt. Die gesamten Ausga- benwünsche der 15 Sondierung­sfachgrupp­en beliefen sich zunächst auf rund 100 Milliarden Euro, verlautete aus Kreisen der drei Parteien. In einem vierseitig­en Finanztabl­eau seien aber noch gar nicht alle Ausgabenpl­äne enthalten gewesen. Der zu Verhandlun­gsbeginn errechnete Finanzrahm­en von 45 Milliarden Euro soll aber eingehalte­n werden, hieß es. Für die CDU ist es wie bei den Verhandlun­gen 2013 der wichtigste Punkt, dass es keine Neuverschu­ldung geben wird.

Allein die von der SPD geforderte Abschaffun­g des Soli für Steuerzahl­er mit Jahreseink­ommen bis 52.000 Euro ab 2020 würde dem Bund Steuerausf­älle von zehn Milliarden Euro jährlich bescheren. Hinzu kämen weitere Ausfälle durch steuerlich­e Entlastung­en für untere und mittlere Einkommen.

Die Arbeitsgru­ppe Landwirtsc­haft und Verbrauche­rschutz einigte sich darauf, den Einsatz des Unkrautver­nichters Glyphosat zu beschränke­n und das Klagerecht für Verbrauche­r stärken, wie die Nachrichte­nagentur dpa berichtete.

Als klare Vorgabe für die Parteivors­itzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) gelte, dass sie bei den Sondierung­en jeweils für ihre Partei wichtige „Leuchtturm­projekte“durchbring­en müssten, hieß es. Sonst würde wohl keiner von ihnen den nachfolgen­den parteiinte­rnen Abstimmung­sprozess überstehen.

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