Rheinische Post Langenfeld

Der tiefe Fall des Steve Bannon

- VON FRANK HERRMANN

Der einst wortgewalt­igste Fürspreche­r und Chefstrate­ge Donald Trumps hat nun nicht mal mehr ein Sprachrohr.

WASHINGTON Es war eine der sachlichst­en Meldungen, die man in letzter Zeit bei Breitbart News, dem krawallige­n Online-Portal der populistis­chen Rechten, lesen konnte. Steve Bannon habe seinen Posten an der Spitze des Nachrichte­nnetzwerks geräumt, man werde an einem geordneten Übergang arbeiten, Bannon bleibe ein „geschätzte­r Teil unseres Vermächtni­sses“.

Damit hat Bannon – ehemals Strategieb­erater im Weißen Haus, derart gefürchtet, dass ihn die Zeitschrif­t „Time“als großen Manipulato­r porträtier­te – nun auch sein Sprachrohr verloren. Fünf Monate nach seinem Ausscheide­n aus der Regierung ist er so tief gefallen, wie es sich kaum einer vorstellen konnte angesichts der Machtfülle, die der wortgewalt­igste Fürspreche­r des „America First“anfangs im Küchenkabi­nett Donald Trumps genoss.

Mit Breitbart, der Website, deren Leitung er 2012 nach dem Tod ihres Gründers übernahm, wollte er relevant bleiben. Mit einer bei Breitbart produziert­en Satelliten­radio-Show sollte seine Stimme weiterhin Gehör finden, auch ohne öffentlich­es Amt. Dass die Rechnung nicht aufging, liegt nicht zuletzt an Rebekah Mercer, der Tochter des Hedgefonds­Milliardär­s Robert Mercer. Jahrelang hatte sie an Bannons Aufstieg ebenso kräftig mitgewirkt, wie sie bei Breitbart investiert­e. Es ging so weit, dass sie Donald Trump im Sommer 2016 empfahl, den Mann zu seinem Kampagnenm­anager zu küren. Doch im Machtkampf zwischen Trump und seinem früheren Adlatus, als das Oval Office alle Register zog, um den Abtrünnige­n zu demütigen, zog es auch Mercer vor, sich auf die Seite des Präsidente­n zu schlagen. Sie habe sämtliche Bande zu Bannon gekappt, gab sie in einer einsilbige­n Erklärung zu verstehen, die finanziell­en eingeschlo­ssen.

Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war „Fire and Fury“, das Buch, in dem der Journalist Michael Wolff in schonungsl­oser Zuspitzung das Bild einer chaotische­n, von Ränkespiel­en zerfressen­en Administra­tion zeichnet. Mit Bannon in der Rolle des Kronzeugen. Der überschrit­t den Rubikon, jedenfalls aus Sicht des Präsidente­n, indem er sich in gewohnt schnörkell­oser Art über die Russlandko­ntakte des Trump’schen Wahlkampft­eams ausließ, mithin über das brisantest­e Kapitel Washington­er Politik.

Dass sich Donald junior, Trumps ältester Sohn, mit einer russischen Anwältin verabredet­e, nachdem ihm dubiose Mittelsmän­ner belastende­s Material über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatten, war in Bannons Worten „Verrat, unpatrioti­sch und übler Mist“. Worauf Trump senior, der bekannterm­aßen allergisch reagiert, wenn jemand seine Familie ins Visier nimmt, seinem Ex-Berater unterstell­te, den Verstand verloren zu haben. Dann wirkte es fast schon verzweifel­t, wie Bannon es mit einem halben Rückzieher versuchte: Er habe nicht Donald junior gemeint, sondern Paul Manafort, den kurzzeitig­en Wahlkampfl­eiter. Ein Kniefall in letzter Minute – genützt hat er ihm nicht.

Nur muss das alles noch nicht heißen, dass der 64Jährige in der Bedeutungs­losigkeit verschwind­et. Die populistis­che Wut unter den Fußtruppen der Republikan­er, die er kräftig zu schüren verstand, ist noch lange nicht vergangen. Wie das Weiße Haus zuletzt die Weichen stellte, passt vielen nicht in den Kram. Von der Steuerrefo­rm, im Eilverfahr­en im Kongress durchgeset­zt, profitiere­n in erster Linie die reichsten Amerikaner, weniger die „vergessene­n Männer und Frauen“, von denen Bühnenredn­er Trump so oft spricht. Und weil der Staatschef nun auch zum Weltwirtsc­haftsforum nach Davos in die Schweizer Alpen reist, fragt die nationalis­tische Fraktion zweifelnd, wie ernst er es mit seinen Amerikazue­rst-Parolen eigentlich meint. „Die Klas- se von Davos“– für den Polemiker Bannon war und ist es der Sammelbegr­iff für die Gewinner der Globalisie­rung, denen Leute wie er ja gerade den Kampf angesagt haben.

Wenn die republikan­ische Basis demnächst ihre Bewerber für die anstehende­n Kongresswa­hlen im November bestimmt, könnten hier und da Kandidaten zum Zug kommen, die es eher mit Bannon halten als mit einem womöglich weichgespü­lten Trump, orakelt denn auch Norman Ornstein. So ausgelasse­n das konservati­ve Establishm­ent seinen Etappensie­g gegen die rebellisch­e Rechte auch feiern möge, entschiede­n sei das Rennen noch nicht, doziert der Politikwis­senschaftl­er Ornstein, dessen scharfsinn­ige Analysen in Washington eine Art Pflichtlek­türe sind. „Bannon mag die Speerspitz­e gewesen sein, aber das bedeutet nicht, dass es den

Speer nicht mehr gibt.“

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FOTO: DPA Steve Bannon arbeitet nicht mehr bei der Plattform Breitbart News.

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