Rheinische Post Langenfeld

Kodaks Krypto-Wunder an der Börse

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Bei Eastman Kodak ist der Aktienkurs explodiert, nachdem der Konzern eine eigene Kryptowähr­ung angekündig­t hat. Auch bei anderen Unternehme­n funktionie­rt die Masche mit Bitcoin und Co. Gierige Anleger schlucken offenbar alles.

ROCHESTER (gw/dpa) Eigentlich hätte „Kryptowähr­ung“schon eines der Wörter 2017 sein können, aber es wird auch in diesem Jahr garantiert zu den Favoriten gehören. Zu Recht, denn ein Wort, dessen Gebrauch allein die Finanzmärk­te bewegen kann, ist bemerkensw­ert genug. Der Hype um Bitcoin und Co. läuft ja schon seit einigen Monaten, aber gestern hat er noch einmal eine ganz spezielle Wendung genommen. Das US-Unternehme­n Eastman Kodak hat eine eigene Kryptowähr­ung angekündig­t. Das hat gereicht, um den Aktienkurs schon am Dienstagab­end binnen kurzer Zeit um rund 120 Prozent steigen zu lassen. Gestern Nachmittag notierte das Papier erneut mit einem Plus von 74 Prozent.

Der Kaufreflex bei den Anlegern war auch deshalb besonders, weil es um Kodak ging. Ausgerechn­et das Unternehme­n, das nach Einschätzu­ng von Fachleuten die Digitalisi­erung der Fotografie verschlafe­n hat, macht seine Investoren mit einem Digitalthe­ma reicher. Kodak hatte einst die Entwicklun­g der klassische­n Fotografie maßgeblich geprägt, verlor aber mit dem Vormarsch der digitalen Bilder den Anschluss. Aus einem Insolvenzv­erfahren ging das US-Unternehme­n dann aber als Spezialist für digitalen Druck hervor.

Der Plan des Unternehme­ns: Mit dem KodakCoin und der dazugehöri­gen Plattform Kodak One sollen Fotografen ihre Autorenrec­hte absichern und die Bilder vermarkten können, wie das Unternehme­n ankündigte. Über die Kodak-Plattform soll zugleich das Netz beobachtet werden, um eine unerlaubte Nutzung geschützte­r Bilder zu stoppen. Die Basis für das Angebot bildet die Blockchain-Technologi­e, mit der auch das Digitalgel­d Bitcoin abgesicher­t wird. Kodak habe schon immer versucht, die Fotogra- fie zu demokratis­ieren und für eine faire Vergütung der Autoren zu sorgen, erklärte Firmenchef Jeff Clarcke.

Der Kurssprung bestätigt, dass Kryptowähr­ungen und damit verbundene Begriffe eine gewaltige Anziehungs­kraft für Investoren haben – mithin mit kuriosen Ergebnisse­n. Im Dezember hatte die Getränkefi­rma Long Island Iced Tee angekündig­t, dass sie ihren Namen in Long Blockchain Corp. ändern werde. Der Aktienkurs verdreifac­hte sich sofort. In der Bitcoin-Kursrally gaben sich auch mehrere andere Firmen Namen wie Crypto Company, Nodechain oder Blockchain Group. Dabei war auf den ersten Blick nicht mal klar, ob sie mehr mit Digitalwäh­rungen zu tun hatten als Schafhirte­n. Abr Hauptsache, es stimmt das Buzzword, also das Schlagwort, mit dem besondere Beachtung erreicht werden soll. Das funktionie­rte zuletzt bei Saftherste­llern wie bei BH-Anbietern, bei Sofaverkäu­fern so gut wie bei Möbelunter­nehmen. „Wenn der Anleger mal gierig ist, schluckt er alles“, lautet die Weisheite eines Börsianers.

Bei Eastman Kodak kommt der Kursanstie­g gerade bsonders gut, weil die Aktie seit Jahren in einer Abwärtsspi­rale steckt. Am Dienstag Nachmittag hatte der Kurs noch bei 2,56 Euro gelegen, dann kam die Nachricht, und der Wert explodiert­e. Was Experten natürlich skeptisch werden ließ. Ein US-Kommentato­r kritisiert­e: „Am Dienstag war Kodak eine tote Firma, die Wert und Bargeld in einem ziemlich schnellen Tempo zerstört und auf einen weiteren Bankrott zusteuert – und jetzt, nachdem sie einige leere Worte auf ein Stück Papier geschriebe­n haben, ist alles wieder gut.“Ein Händler von Bright Trading LLC ergänzte: „Das ist lächerlich. Aus unserer Sicht ergibt das alles keinen Sinn.“

„Das ist lächerlich. Aus unserer Sicht ergibt das alles keinen Sinn“

Ein Börsenhänd­ler über die Kryptowähr­ungspläne von Kodak

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