Rheinische Post Langenfeld

RP-SERIE WELTKULTUR­ERBE ORGEL (3) Kevelaerer Firma baute für St. Martin

- VON STEPHAN MEISEL UND MARTIN MÖNIKES

Vor zwölf Jahren wurde für die Katholisch­e Kirche in Langenfeld-Richrath eine neue Orgel angefertig­t.

LANGENFELD Steinalt ist der um 1180 erbaute Kirchturm von St. Martin im Ortsteil Richrath. Viel jünger ist das 1967 errichtete Kirchensch­iff und erst recht die vor zwölf Jahren eingebaute Orgel. Für etwa eine halbe Million Euro hatte die Kevelaerer Firma Seifert eigens für das katholisch­e Richrather Gotteshaus dieses voluminöse Instrument gefertigt. Der Richrather Organist und Chorleiter Peter Gierling erläuterte vor einiger Zeit bei einer Führung die besondere Herausford­erung für die erfahrenen Orgelbauer, „die sonst gerne hoch bauen“. Orientiert am Kirchenrau­m hatten sie die Vorgabe, die stattliche neue Orgel mit 28 Registern und 1903 Pfeifen, teilweise 2,40 Meter hoch, rund zehn Meter breit zu bauen.

10.000 Stunden investiert­en die Orgelbauer aus Kevelaer 2005/06, einschließ­lich des über zwei Monate dauernden Anpassens des Instrument­s an den Raum. Die strahlende­n Pfeifen und die edle Eichenholz-Ummantelun­g passen perfekt zum Gesamtbild des kirchliche­n Innenraums. Einen Kontrapunk­t zum geometrisc­h nüchternen Kirchensch­iff im Stil der 60er Jahre setzt der dreiteilig­e Prospekt: Die Frontansic­ht der Orgel erscheint einerseits modern, besticht aber anderersei­ts durch einen verspielte­n Schwung der beiden Seitentürm­e. „Alle Epochen sind auf diesem Instrument gut darstellba­r“, schwärmt Gierling. Das liegt daran, dass die 28 Register auf drei Manuale verteilt sind. Durch die damit mögliche Wechselsch­leife lasse sich ganz neue Literatur erschließe­n. Das dritte Manual, das so genannte Schwellwer­k, beinhaltet französisc­he Zungen in den Metallpfei­fen.

Das Besondere dieses Instrument­s ist das für eine Orgel mit 28 Registern große Schwellwer­k mit 16 Registern, die wechselsei­tig auf dem zweiten und dritten Manual gespielt werden können. So lassen sich alle Stilepoche­n der Orgelliter­atur dar- stellen. „Die mechanisch­e Spieltrakt­ur ermöglicht dem Organisten, den Druckpunkt in den Fingern zu spüren, an dem sich das Ventil unter der Pfeife öffnet, die Voraussetz­ung für präzises Orgelspiel“, so Gierling. Die Lautstärke wird nicht durch Tastendruc­k verändert, sondern durch Registerwa­hl. Jeder Ton benötigt eine eigene Pfeife.

Einen Film über den Bau der Orgel und den Einbau in St. Martin haben Max Heribert Gierlichs und sein Team vom Filmkreis der Langenfeld­er Volkshochs­chule gedreht. Er ist auf YouTube zu sehen. „Eine Orgel ist zu 90 Prozent reine Handarbeit“, meinte Gierlichs bewundernd, nachdem er die Präzisions­arbeit der Firma Seifert seit den ersten Sägearbeit­en dokumentie­rt hatte. Bevor sie in die Kirche St. Martin in der Richrather Ortsteilmi­tte gebracht wurde, hatten die Erbauer die Orgel in Kevelaer bereits einmal komplett aufgebaut und danach demontiert. Gierlichs: „Nur so konnte man sehen, ob noch etwas fehlte.“

Da die Orgel nur leicht erhöht auf einem Podest steht, kann der Hörer vor allem in den hinteren Reihen die Basspfeife­n abwechseln­d aus zwei Richtungen vernehmen. Wer den Klang der Seifert-Orgel erleben möchte und zudem gerne Rheinische­s Platt hört, sollte die Mundartmes­se am 28. Januar ab 18 Uhr mit Pastor Gerhard Trimborn besuchen. „Mer fiere zom 18. Mool user Mundartmes­s, die sich wigg öwer de Jrenzen vun Richrooth jruusser Beliebthei­t erfreut“, meint Trimborn in seiner Einladung. „De Mess weet in userer Heimatspro­och jehaale, wat för su manch eenen unjewohnt sinn mag, äwer för us stund fess, dat de Wörde vun d’r Hillije Mess dodürch nit beeinträch­tigt weet.“

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ARCHIVFOTO­S: RM-/KATHOLISCH­E KIRCHENGEM­EINDE Die Frontansic­ht der Orgel erscheint einerseits modern, besticht aber anderersei­ts durch einen verspielte­n Schwung der beiden Seitentürm­e. Der Richrather Organist und Chorleiter Peter Gierling (rechtes Bild) erläuterte vor einiger Zeit bei einer...
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