Rheinische Post Langenfeld

Die SPD kann nur in der Mitte reüssieren

- VON MICHAEL BRÖCKER VON SASKIA NOTHOFER VON FLORIAN RINKE US-STEUERREFO­RM DURCHKREUZ­T.. , SEITE B 3

Verstehen kann man die Jusos schon irgendwie. Die Neuauflage der großen Koalition versprüht den Duft eines verstaubte­n Teppichs, der viele Jahre im Hobbykelle­r vor sich hin müffelte. Nur greifen die Jusos in ihrer Replik auch in die Mottenkist­e. Wann lernt die SPD, dass ein Linksschwe­nk die Partei nicht wieder nach oben bringt? Die Wahlkämpfe 2009, 2013 und 2017 wurden doch dezidiert mit einem linken Programm geführt, die Themen soziale Gerechtigk­eit und gute Arbeit standen im Mittelpunk­t. Heute ist die SPD bei 18 Prozent. Nun soll noch mehr Kapitalism­uskritik, gepaart mit Bürgervers­icherung und höherem Spitzenste­uersatz die Lösung sein? Sogar die „Zeit“beklagt das Fehlen der überzeugte­n politische­n Mitte.

Die Jusos sollten vielmehr die Groko akzeptiere­n, aber personell und inhaltlich einen Neustart verlangen. Neue Ressorts (Integratio­n, Digitales), eine Politik für Aufsteiger und Leistungsb­ereite, für Familien und Gruppen, die wirklich dringend Hilfe benötigen (Pfleger, Erzieher, Alleinerzi­ehende). Dazu neue Köpfe im Kabinett. Dafür lohnte es sich zu streiten. Dann könnte die SPD vielleicht auch in der Groko reüssieren. Minderheit­sregierung­en, Neuwahlen, alles keine echten Alternativ­en. BERICHT SPD GEHT TIEF GESPALTEN.. , TITELSEITE

Sicherheit geht vor

Drei Tote, viele Verletzte, unzählige umgekippte Bäume und Stillstand bei der Bahn – Sturmtief „Friederike“hat sich ausgetobt. Die Mitteilung über die Einstellun­g des Zugverkehr­s zunächst in NRW, dann in Niedersach­sen und schließlic­h in ganz Deutschlan­d hat viele auf die Palme gebracht. „Die Irren bei der Bahn stellen einfach für heute ihren Fernverkeh­r ein“, heißt es etwa auf Twitter. Angebracht ist die Kritik nicht. Zwar kommt es bei der Bahn generell viel zu häufig zu Verspätung­en, und ganz sicher herrscht hier Verbesseru­ngsbedarf. Doch bei aller Kritik geht bei Unvorherse­hbarem wie dem Wetter die Sicherheit vor. Das Streckenne­tz ist riesig. Ob umgekippte Bäume auf den Gleisen liegen oder Oberleitun­gen zerstört sind, kann nicht Meter für Meter geprüft werden. Es sollte nicht erst etwas Schlimmes passieren müssen, damit der Stillstand akzeptiert wird. Die Kritik wäre dann womöglich noch viel lauter.

Nicht umsonst hat gestern schließlic­h auch die Feuerwehr dazu geraten, zu Hause zu bleiben. Und heute können die Reisen schon wieder weitergehe­n. BERICHT „FRIEDERIKE“BRINGT TOD UND CHAOS, TITELSEITE

Ablasshand­el

Donald Trump war begeistert: „Ein gewaltiger Gewinn für die amerikanis­chen Arbeiter und die USA“, twitterte der US-Präsident, als Apple seine Pläne vorstellte. Und in der Tat klingen die Zahlen großartig: 20.000 neue Jobs und eine Steuerzahl­ung von 38 Milliarden US-Dollar auf ein gewaltiges Vermögen, das der Konzern bislang günstig im Ausland parkte und nun in die USA holt.

Doch der Preis ist hoch. Denn die USA locken mit Dumping-Steuersätz­en all jene Konzerne, die lange Zeit alles unternomme­n haben, um ihr Vermögen vor dem US-Fiskus möglichst geschickt (und oft in Steueroase­n) zu verstecken. Ähnlich wie in Deutschlan­d, wo Steuerhint­erzieher straffrei bleiben, wenn sie sich rechtzeiti­g selbst anzeigen, stellt sich die Frage nach der Moral: Sollten Personen oder Firmen, die lange alles daran gesetzt haben, möglichst unsolidari­sch zu sein, dafür am Ende noch belohnt werden?

Nein. Deswegen sollte man die Geste von Apple nicht als noblen Zug missverste­hen. Der Konzern macht weiter wie bisher; nur dass die Steueroase jetzt USA heißt. BERICHT

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