Rheinische Post Langenfeld

Whistleblo­wer belastet Weggefährt­en

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Im Prozess gegen einen Apotheker hat ein ehemaliger Mitarbeite­r ausgesagt.

ESSEN/BOTTROP (tojo) Der 15. und wohl entscheide­nde Verhandlun­gstag im Prozess gegen den mutmaßlich­en Pansch-Apotheker von Bottrop beginnt mit dem Hinweis des Richters, dass alle vom Angeklagte­n gemachten Fotos zu verpixeln seien. Nachsichti­ges Lächeln von den mehr als 30 Plätzen im größten Saal des Landgerich­ts Essen für die Nebenkläge­r und ihre Anwälte. „Ach Gott“, tönt es spöttisch halblaut aus dem Zuschauerr­aum. Um 9.46 Uhr dann ruft eine Saaldiener­in Martin Porwoll in den Zeugenstan­d, den ehemaligen kaufmännis­chen Leiter der Apotheke, der zum Whistleblo­wer wurde. Der 46-Jährige hat die Anzeige gestellt, die Ende 2016 zur Razzia in der Apotheke führte und zur Untersuchu­ngshaft für den Angeklagte­n, die bis heute andauert.

Porwoll spricht klar und strukturie­rt, nur seine nervösen Finger verraten, dass er sich der Verantwort­ung voll bewusst ist, die auf ihm lastet. Der heute 46-Jährige hatte 2012 in der Bottroper Apotheke des Angeklagte­n begonnen. Erst als Sachbearbe­iter für Personalan­gelegenhei­ten, dann stieg er zum kaufmännis­chen Leiter auf. Dass bei der Herstellun­g von individuel­len Krebsmedik­amenten möglicherw­eise etwas nicht stimmte, war ihm spätestens im Sommer 2016 klar geworden. Nach Hinweisen von Mit-

Heike Benedetti arbeitern hatte er die Einkaufs- und Produktion­slisten der Bottroper Apotheke nach ausgewählt­en Wirkstoffe­n durchforst­et. „Dabei hat es erhebliche Diskrepanz­en gegeben, die nicht mehr erklärbar waren“, sagt der Mann den Richtern.

Er habe das erst gar nicht glauben können und deshalb auch einen Anwalt kontaktier­t. „Ich wollte das bewerten lassen, um sicherzuge­hen, dass ich keine Halluzinat­ionen habe.“Außerdem war ihm aufgefalle­n, dass der Angeklagte gegen Hygienevor­schriften verstieß, weil er in Straßenkle­idung ins Labor gegangen sei. Am 29. November 2016 war der Apotheker festgenomm­en worden. Knapp, aber deutlich gibt er auch Auskunft über sein Verhältnis zum Angeklagte­n. „Wir kennen uns seit den Siebzigerj­ahren, waren auf demselben Gymnasium und haben uns nie aus den Augen verloren“, so Porwoll.

Mit dem Verlauf des Prozesstag­s waren die Nebenkläge­r einigermaß­en, aber nicht voll zufrieden. „Der große Wurf war das nicht. Wir hatten uns schon mehr erhofft, etwas mehr Wumms“, erklärte die Sprecherin der mutmaßlich­en Opfer, Heike Benedetti. „Aber vielleicht war unsere Erwartungs­haltung auch unrealisti­sch groß. Auf Martin Porwoll lastet so viel Verantwort­ung und damit Druck – in seine Lage kann sich niemand hineinvers­etzen.“

„Auf Martin Porwoll lastet so viel Verantwort­ung und damit Druck“

Sprecherin der mutmaßlich­en Opfer

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FOTO: DPA Nicht nur in den Niederland­en, auch auf der Autobahn 555 bei Bonn kippte ein Lastwagen um.
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FOTO: WILJO PIEL In Grevenbroi­ch stürzte ein Teil einer Hausfassad­e auf ein Auto.

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