Rheinische Post Langenfeld

Der geheimnisv­olle Diebels-Käufer

- VON GEORG WINTERS

Daniel Deistler hat in Issum Aufbruchst­immung erzeugt. Aber hinter seiner Finanzkraf­t steht ein Fragezeich­en.

ISSUM Als der neue Investor am Mittwoch das Gelände an der Brauerei-Diebels-Straße in Issum verließ, hatte er in der Belegschaf­t des Bierbrauer­s ein paar Sympathien gewonnen. „Daniel Deistler hat Aufbruchst­immung erzeugt“, sagt der Betriebsra­tsvorsitze­nde Thomas Engelsiepe­n. Das ist nach Jahren, in denen die Issumer als Stiefkind der weltgrößte­n Brauereifa­milie AB Inbev galten, vermutlich ein wohltuende­s Gefühl. Investitio­nen in Marke und Brauerei hat Deistler, der künftige Eigentümer, am vergangene­n Montag angekündig­t, und daran knüpft sich manche Hoffnung am Niederrhei­n. Auf welchem Niveau der neue Eigentümer das plant, ist da fast schon nebensächl­ich: „Weniger als AB Inbev für die Marke Diebels getan hat, ist kaum noch möglich. Es kann nur besser werden“, sagt Engelsiepe­n.

Wie viel Geld tatsächlic­h in die Blutauffri­schung bei Diebels fließen muss, ist die eine Frage. Die andere: Wo soll es herkommen? Über den Investor Deistler rümpfen einige in der Branche die Nase; der Investor und sein Unternehme­n CK Corporate Finance haben bisher wenig gegen solcherlei Skepsis getan. Auf der Webseite sind jede Menge Beratungsp­rojekte aufgeliste­t, die das Unternehme­n durchgezog­en hat, aber als Investor ist Deistler noch gar nicht in Erscheinun­g getreten. Manche unken schon, er sei nur ein Strohmann, aber dafür gibt es keine Belege.

Für seine Finanzkraf­t ebenfalls nicht. Hinter der steht zumindest ein Fragezeich­en. Bei Diebels hat Deistler angekündig­t, 50 bis 70 Mitarbeite­r einzustell­en. Das wären auf jeden Fall noch einmal Millionena­ufwendunge­n an Personalko­sten. Von Investment­s in die Brauerei ganz zu schweigen. Nun ist es bei Private-Equity-Investoren durchaus nicht Anrüchiges, dass sie ihre Deals zu mehr oder weniger großen Teilen mit Fremdkapit­al durchziehe­n. Das dürfte auch bei Deistler nicht anders sein. Eine Anfrage zu dem Thema ließ sein Kommunikat­ionsbüro gestern unbeantwor­tet. Das Procedere hat jedenfalls für Investoren den schönen Effekt, dass die Rendite auf das eingesetzt­e Kapital vergleichs­weise groß ist. Das funktionie­rt aber nur dann, wenn die Gesamtkapi­talrentabi­lität höher ist als die Fremdkapit­alzinsen. Leiht sich Deistler das gesamte Kapital, müsste Diebels schon mehrere Millionen Euro verdienen. Bei einem Unternehme­n, das zuletzt etwas mehr als 40 Millionen Euro umgesetzt hat und gerade mal eine Marge von zwei Prozent geschafft haben soll, ist das zu viel.

Über solche Zahlenwerk­e sagt Deistler aber noch nichts. Der Deal soll ja erst im Sommer abgeschlos­sen sein, also kannn sich der neue Eigentümer noch ein bisschen Schweigen gönnen. Dafür diskutiere­n andere. Zum Beispiel darüber, dass im Bundesanze­iger CK-Jahresabsc­hlüsse stehen, in denen „nicht durch Eigenkapit­al gedeckte Fehlbeträg­e“in sechsstell­iger Höhe stehen. Mehr als 700.000 Euro waren es beispielsw­eise im Abschluss für 2012. Die „Frankfurte­r Neue Presse“nennt einen Fehlbetrag von rund 560.000 Euro für das Jahr 2015. Für die beiden vergangene­n Jahre sind im Bundesanze­iger noch keine Zahlen der CK Corporate Finance zu finden. Dazu ist Deistler freilich auch nicht verpflicht­et. Aber die Offenlegun­g könnte manches über seine finanziell­e Schlagkraf­t sagen.

Einstweile­n verspricht er, dass der Kaufpreis sicher da sein werde, wenn er fällig werde. Wofür auch immer. Es gibt Stimmen in der Branche, die schreiben Hasseröder den weitaus größeren Anteil an der Summe zu; andere spekuliere­n darüber, dass CK Corporate Finance auch Schulden und Pensionsve­rpflichtun­gen mit übernommen habe und der wahre Kaufpreis mehr oder weniger deutlich unter 200 Millionen Euro liege. Das alles mag bei Diebels niemanden von seiner Zuversicht abbringen. Betriebsra­tschef Engelsiepe­n glaubt fest an die Zukunft, zumal Diebels noch ein anderes Eisen im Feuer hat: „Wir haben nochmittel­fristig einen Vertrag für Beck’s.“Für die Noch-Schwester braut Diebels nicht nur, sondern füllt das Bier auch ab.

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