Rheinische Post Langenfeld

Friedenski­rche soll Denkmal werden

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Der Sakralbau ist auch ein teurer Sanierungs­fall: Der Beton platzt wegen erodierend­er Moniereise­n ab.

Beispielha­ft

MONHEIM Ein aktuelles Projekt des Rheinische­n Amtes für Denkmalpfl­ege ist die Inventaris­ierung moderner Sakralbaut­en. Denn „keine andere Region weist so viele und zugleich so qualitätvo­lle Kirchenbau­ten auf wie das Rheinland“, heißt es dort. Nun ist auch die Baumberger Friedenski­rche in den Fokus der Pulheimer Behörde geraten. Denn das von dem Schweizer Architekte­n Walter Maria Förderer konzipiert­e Bauwerk wird dem „Brutalismu­s“zugeordnet. (Der Begriff leitet sich von dem französisc­hen Wort „beton brut“für Sichtbeton ab.)

„Am 22. November fand eine Begehung mit Vertretern der Oberen und Unteren Denkmalbeh­örde statt“, berichtet Kurt Holz, Vorsitzend­er des Presbyteri­ums. Das entspreche­nde Gutachten wird für Februar erwartet. „Wir gehen davon aus, dass die Friedenski­rche unter Denkmalsch­utz gestellt wird“, so Holz. Das Presbyteri­um habe indes diesen Prozess nicht nur nicht angestoßen, sondern auch deutlich gemacht, dass es auf eine Unterschut­zstellung keinen Wert lege. „Wir könnten ein Gegengutac­hten beauftrage­n“, sagt Finanzkirc­hmeister Jochen Kaufmann.

Die Inventaris­ierung trifft die evangelisc­he Kirchengem­einde in einem denkbar ungünstige­n Augenblick, denn an der Außenhaut des Bauwerks besteht dringender Sanierungs­bedarf. „Im Herbst hat ein Sachverstä­ndiger an der Südseite der Kirche gut 60 Kilogramm Beton abgeklopft, um den Zustand der Moniereise­n zu begutachte­n“, berichtet Pfarrer Peter Becker. Während der mehrjährig­en Bauzeit hatte es einen Baustopp gegeben, erklärt Kaufmann. Ursache könnten finanziell­e Gründe gewesen sein. Stadtarchi­var Michael Hohmeier erinnert aber auch an den damaligen Bauboom, der auch bei manchem städtische­n Bauprojekt zu Verzögerun­gen führte. „Nach der Unterbrech­ung wurde mit einer anderen Betonmisch­ung weitergear­beitet, es kam zu Verwerfung­en und die Moniereise­n wurden nicht völlig einbetonie­rt“, sagt Kaufmann. Durch eindringen­des Wasser sind sie erodiert und haben bereits großflächi­g Beton abgespreng­t. Eine genaue Schadensan­alyse und ein Sanierungs­plan liegen noch nicht vor. „Die Kostenschä­tzungen reichen von einer bis drei Millionen Euro“, sagt der Finanzexpe­rte. Etwaige Auflagen des Amtes für Denkmalpfl­ege wirkten sich da eher kostenstei­gernd aus. „Unsere finanziell­e Lage ist nicht so rosig“, so Kaufmann. Claudia Jung von der Unteren Denkmalbeh­örde, die die Eintragung in die Denkmallis­te vornehmen müsste, wiegelt ab: „Hier müssten ja keine alten Handwerkst­echniken oder Materialie­n verwendet werden, Beton ist ein moderner Baustoff.“Sie habe den Eindruck, dass die Gemeinde stolz auf ihren berühmten Kirchenerb­auer ist.

Natürlich wolle man die Friedenski­rche erhalten. „Die Nutzbarkei­t ist durch den maroden Beton auch nicht in Frage gestellt“, sagt Pfarrer Becker. Im Gegenteil sei die gesamte Anlage wegen ihrer Vielseitig­keit ideal für die Gemeindear­beit: Durch den direkt anschließe­nden Gemeindera­um gingen ihm nach der Messe nicht so leicht die Kirchgänge­r verloren. Und dadurch, dass der Kirchraum mit Teppich ausgelegt und bestuhlt sei, lasse er sich sehr vielseitig nutzen: Man habe Raum für Konzerte, könne aber auch zusammenrü­cken.

Typisch für den Baustil des Brutalismu­s sei der indirekte Lichteinfa­ll. Das lasse mehr Gestaltung­sspielraum: Man könne nur mit Kerzen arbeiten oder die 14 verschiede­nen Schaltmögl­ichkeiten des elektrisch­en Lichtes nutzen, schwärmt er. Eine Modernisie­rung würde er sich lediglich für die Innenräume wünschen: „Im Foyer müssten ein neues Lichtkonze­pt und neues Mobiliar her, auch die Sanitäranl­age versprüht noch sehr den Charme der 70er.“Dennoch: Er liebe diese Kirche, in der er jetzt seit 33 Jahren Dienst tut, bekennt er.

Vielerorts werden moderne Kirchen abgerissen. Das will der LVR verhindern. Ein Abriss steht zwar in Baumberg nicht an, aber die Denkmalauf­lagen könnten die Sanierung verteuern, fürchtet man. Den Baustil des „Brutalismu­s“kann man mögen oder nicht. Beim Denkmalsch­utz geht es aber nicht um Schönheit, sondern um das Exemplaris­che eines Gebäudes für eine Bauepoche. Auf den berühmten Architekte­n kann man in der Gemeinde stolz sein. elm

Newspapers in German

Newspapers from Germany