Rheinische Post Langenfeld

„Wir haben eine Obergrenze erreicht“

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Der bayerische Innenminis­ter fordert mehr Unterstütz­ung vom Bund für Abschiebun­gen.

Herr Herrmann, Union und SPD haben sich darauf geeinigt, dass höchstens 180.000 bis 220.000 Flüchtling­e pro Jahr kommen sollen. Ist das nun eine Obergrenze? HERRMANN Ja, mit dem Bekenntnis von Union und SPD, dass die Flüchtling­szahlen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 Flüchtling­e nicht übersteige­n werden, haben wir eine Obergrenze erreicht. Der Zuzug von Flüchtling­en nach Deutschlan­d muss begrenzt werden, um die Integratio­nsfähigkei­t Deutschlan­ds nicht zu überforder­n. Wird sich im Koalitions­vertrag widerspieg­eln, dass in den nächsten Jahren vor allem die Integratio­n vorangebra­cht werden muss? HERRMANN Diejenigen, die Bleiberech­t haben, müssen wir bestmöglic­h und schnellstm­öglich integriere­n. Sie müssen die deutsche Sprache lernen und möglichst rasch ihren Lebensunte­rhalt selbst verdienen. Daran müssen wir arbeiten. Wir müssen fördern und fordern. Niemand darf sich bei dem Thema ausklinken. Es geht um die Zukunftsch­ancen der anerkannte­n Flüchtling­e, aber vor allem auch um den Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft. Wie verbindlic­h muss man beim Thema Integratio­n sein? HERRMANN Integratio­n muss für alle Beteiligte­n absolut verbindlic­h sein. Der Staat macht gigantisch­e Angebote und betreibt einen großen finanziell­en Aufwand für die Flüchtling­e. Im Gegenzug gibt es eine Bringschul­d der Flüchtling­e, die der Staat konsequent einfordern muss. Wenn das nicht gelingt? HERRMANN Wenn jemand nicht bereit ist, sich zu integriere­n, muss es klare Sanktionen geben. Wer die deutsche Sprache nicht erlernen möchte, gegen den sollten auch Bußgelder verhängt oder Sozialleis­tungen gekürzt werden. Wer hier zu viel Nachsicht zeigt, tut der Integratio­n keinen Gefallen. Zudem müssen wir diejenigen, die kein Bleiberech­t haben, konsequent in ihre Heimatländ­er zurückführ­en. Die Zahl der Rückführun­gen ist zuletzt wieder gesunken. Müssen Bund und Länder also konsequent­er werden? HERRMANN In Bayern ist die Zahl der Rückführun­gen leicht gestiegen. Es gab im vergangene­n fast Jahr 3300 Abschiebun­gen und mehr als 13.100 freiwillig­e Ausreisen. Wir wollen die Rückführun­gen in diesem Jahr aber weiter intensivie­ren. Wer kein Recht hat, in Deutschlan­d zu bleiben, der muss auch unser Land wieder verlassen. Ich erwarte von allen Bundesländ­ern, dass sie entspreche­nd aktiv sind. Wir erwarten vom Bund eine bessere Unterstütz­ung bei den Rückführun­gen. Es gibt vor allem in Afrika eine Reihe von Herkunftsl­ändern, die bei der Rücknahme ihrer Bürger nicht mit uns kooperiere­n – die zum Beispiel nicht die richtigen Passersatz­papiere beschaffen. Auf diese Länder muss der Bund mehr Druck ausüben. Geht es dabei um die Maghreb-Staaten in Nordafrika? HERRMANN Es geht leider um eine ganze Reihe afrikanisc­her Länder. Sind die Verhandlun­gen mit der SPD schwierige­r als vor vier Jahren? HERRMANN Ja. Insgesamt empfinde ich die Gespräche mit der SPD als schwierige­r als vor vier Jahren. Das ist keine Frage. Vor vier Jahren wollten alle die Koalition. Jetzt spiegelt sich die Stimmung gegen eine große Koalition, die in Teilen der SPD vorhanden ist, auch bei manchen Gesprächsp­artnern wider. Zudem sind die inhaltlich­en Diskrepanz­en bei einigen Themen wirklich groß.

EVA QUADBECK FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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FOTO: DPA Joachim Herrmann

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