Rheinische Post Langenfeld

Der Überfall warf ihn aus seinem Leben

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN

Auch acht Monate nach der Tat ist für den 83-jährigen Haaner noch immer keine Normalität eingekehrt.

HAAN Es waren vier Stunden, die das Leben von Robert Leyhausen komplett verändern sollten. Vier Stunden, an deren Ende er kaum mehr daran glaubte, dass es für ihn überhaupt noch ein Weiterlebe­n gab. „Jetzt gleich wird’s schön warm für dich“, hatten ihm die Männer zugeraunt. Und weil sie seine Möbel und auch ihn selbst mit Brandbesch­leuniger besprüht hatten, „dachte ich, jetzt bist du dran“.

Wenn Robert Leyhausen (Name von der Redaktion geändert) heute

Robert Leyhausen sein Haus betritt, dann wirkt er darin verloren. „Hier standen zwei Sessel und eine Couch“, weist er in den Raum, der einmal sein Wohnzimmer war. „Da ist nichts von übrig geblieben.“Was nicht Feuer und Rauch vernichtet­en, das machte das Löschwasse­r unbrauchba­r. An den nackten Wänden klebt schwarzer Ruß. „Was weg ist, ist weg, da hilft kein Nachtrauer­n“, sagt er. Und widerspric­ht sich nur wenige Sätze später: „Was mich am meisten schmerzt, ist der Verlust meiner Büchersamm­lung.“

Am 31. Mai vergangene­n Jahres wurde Robert Leyhausen in seinem Haus in Haan überfallen. Es ist ein schönes Haus in gut situierter Um- gebung mit einem großen Garten. Leyhausen kam mit seinem Wagen gerade von einem Ausflug in die Stadt zurück.

Eine Nachbarin hatte den alleinsteh­enden Pensionär begleitet. Doch sein Haus betrat er alleine. Nach einigen Schritten im Flur – „ich wollte gerade meine Jacke ausziehen“– stülpten ihm Unbekannte einen Sack über den Kopf. „In weni- gen Sekunden war ich verpackt wie eine Mumie.“

Zwei Männer waren es, das konnte Leyhausen erkennen. „Sie sagten immer nur, wo ist dein Geld, wo ist dein Scheiß-Geld.“Sie nahmen das Portemonna­ie, doch das reichte ihnen nicht. „Sie waren brutal, haben mich geschlagen und getreten.“Sie stachen ihm ein Messer ins Bein, drohten, ihm die Finger abzu- schneiden. „Doch ich konnte immer nur dasselbe sagen: Ich hatte kein weiteres Geld im Haus.“

Er bot ihnen an, etwas von der Bank zu holen. Doch darauf gingen die Männer nicht ein. Immer wieder verhörten sie ihn, durchsucht­en das Haus, nahmen Uhren, goldene Manschette­nknöpfe und Kameras an sich. Sie fesselten ihn im Keller mit Kabelbinde­rn an einen Lehn- stuhl. „Dabei waren sie ganz leise. Ich hörte nie, wo sie gerade waren.“

Am Ende haben die Männer sein Haus tatsächlic­h angezündet. Zuvor hatten sie ihn auf der Terrasse abgeladen. Wie ein Paket. Dennoch, Alpträume hat er nicht. „Mir läuft nichts nach“, sagt der 83-Jährige.

Doch nun ist nichts mehr, wie es einmal war. Noch viele Wochen nach der Tat wohnte er in einem Hotel, fühlte sich dort jedoch nicht wohl. Jetzt lebt er in einem kleinen Appartemen­t. Seine Adresse will er nicht nennen. Weder an seiner Wohnungstü­re, noch an seinem Briefkaste­n ist ein Name zu lesen. Denn dass ein Beschäftig­ter des städtische­n Tiefbauamt­es einer der Mittäter sein soll, hat sein Vertrauen zutiefst erschütter­t. Wem soll man da noch glauben? „Ich bleibe lieber anonym“, sagt Leyhausen.

Ob er jemals wieder in seinem Haaner Haus leben kann? „Ich weiß nicht“, überlegt er. Immer wieder erhält er Angebote für die Immobilie. „Ich könnte verkaufen, jeden Tag, mehrmals.“Doch sein größter Wunsch ist es, das Haus wieder instand zu setzen. „Das Gebäude ist intakt. Die Statik ist in Ordnung.“Leyhausen blickt durch die von Ruß eingetrübt­en Fenster auf die Terrasse.

„Ich lebe seit 1977 hier. In meinem Garten haben mich jeden Tag die Rehe besucht.“Dass sein Haus auch acht Monate nach dem Überfall noch so aussieht, liegt daran, dass die Versicheru­ng nicht zahlt. „Ich habe Riesen-Schwierigk­eiten“, erzählt er. Leyhausen hat sich zwischenze­itlich einen Anwalt genommen und schüttelt über die Argumente seiner Gebäudever­sicherung ungläubig den Kopf. „Da geht es um ein paar Quadratmet­er.“

Der Haaner fühlt sich im Stich gelassen. Nicht von allen. Nicht von den Nachbarn, die ihm in erster Not Kleidung und Übernachtu­ng anboten. Nicht von der Kriminalpo­lizei, die ihn immer „mit viel Freundlich­keit behandelt hat. Davon bin ich tief beeindruck­t.“Doch in seinem behagliche­n Wohnzimmer, umgeben von philosophi­scher Literatur, glaubte er noch an Fairness, Recht und Ordnung. Jetzt schimpft er über Politiker und Versicheru­ngen und ist am Ende doch nur eines: fassungslo­s.

„Sie waren brutal, haben mich geschlagen

und getreten“

Name von der Redaktion geändert

 ??  ?? Robert Leyhausen steht in seinem ehemaligen Wohnzimmer, das jetzt ausgeräumt und von Ruß geschwärzt ist. Links hinten ein Kamin. Er will sein Haus wieder sanieren lassen – sobald die Versicheru­ng das Geld bereit stellt.
Robert Leyhausen steht in seinem ehemaligen Wohnzimmer, das jetzt ausgeräumt und von Ruß geschwärzt ist. Links hinten ein Kamin. Er will sein Haus wieder sanieren lassen – sobald die Versicheru­ng das Geld bereit stellt.

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