Rheinische Post Langenfeld

Tollwut im Dortmunder Gefängnis

- VON CHRISTIAN SIEBEN

Im „Tatort“trifft Kommissar Faber auf den Mörder seiner Familie. Dies könnte sein Urteilsver­mögen trüben.

DORTMUND In einem Gefängnis stirbt ein Häftling auf der Krankensta­tion. Der Mann übergibt sich, dann zuckt er am ganzen Körper. Die Pfleger können nichts mehr tun. Weil der Tote zuvor in eine Messerstec­herei verwickelt war, müssen die Dortmunder Ermittler den Fall untersuche­n.

Der Gefängnisa­rzt Jonas Zander (Thomas Arnold), der früher als Gerichtsme­diziner Teil des Teams war, rückt schnell mit der Wahrheit raus. Das Opfer starb an Tollwut. Der Erreger war zuvor absichtlic­h auf der Klinge platziert worden. Auch Zander, der bei der Messerstec­herei dazwischen gehen wollte, ist mit dem Virus infiziert. Ein sicheres Todesurtei­l, da es gegen Tollwut keine wirksame Behandlung gibt.

Als ob die Lage nicht schon verzwickt genug wäre, erhält Kommissar Faber (Jörg Hartmann) noch einen rätselhaft­en Briefumsch­lag. Darin findet er ein Gemälde mit der Aufschrift „Auf ewig dein“. Zu sehen ist seine tote Familie. Schnell findet er heraus, dass im Dortmunder Gefängnis auch sein Erzfeind Markus Graf (Florian Bartholomä­i) eine lebenslang­e Strafe absitzt. Graf hat mehrere Frauen getötet und sehr wahrschein­lich auch Fabers Frau und Tochter auf dem Gewissen. Beweisen konnte das der knorrige Ermittler nie. Dennoch ist er überzeugt, dass Graf irgendwie hinter dem Todesfall steht, um Faber ins Gefängnis zu locken. Die Kollegen Bönisch (Anna Schudt) und Nora Dalay (Aylin Tezel) sehen dies wie so oft anders und verfolgen eine andere Spur. Ein ranghohes Mitglied der albanische­n Mafia könnte versuchen, die Unruhe in der Anstalt für einen Fluchtvers­uch zu nutzen.

Der Fall „Tollwut“schließt inhaltlich an den drei Jahre zurücklieg­enden Fall „Auf ewig dein“an. Autor Jürgen Werner und Regisseur Dror Zahavi machen es dem Zuschauer aber leicht und erinnern schnell an die wesentlich­en Zusammenhä­nge. Faber muss auch diesmal an mehreren Fronten kämpfen, weil neuerdings Kollegin Dalay offen rebelliert und mit einer Versetzung nach Düsseldorf droht. Der sonst so eigenwilli­ge Kommissar muss diplomatis­che Fähigkeite­n entwickeln und schön Wetter machen, um sein Team zusammenzu­halten. Der Figur tut dies gut, weil Fabers Marotten und gehässige Sprüche in den vergange- nen Fällen schon etwas auf die Nerven fielen. Auch diese Entwicklun­g trägt dazu bei, dass „Tollwut“ein sehenswert­er Krimi geworden ist, der tatsächlic­h bis zur letzten Minute die Spannung hält.

Zu streng darf der Zuschauer jedoch in einigen Szenen nicht sein, da es doch manchmal etwas unrealisti­sch wird. Wie der Tollwut-Erreger mitsamt Nährflüssi­gkeit in das Gefängnis gelangt, wird nicht überzeugen­d erklärt. Und auch dass der mehrfache Mörder Graf in einer riesigen Zelle mit langen Pinseln und Terpentin hantieren darf, wirkt ein wenig seltsam. Belohnt wird der Zuschauer mit dem unheimlich­en Duell Faber gegen Graf, das in den kommenden Fällen eine Fortsetzun­g finden dürfte.

Verzichten muss der Zuschauer am Sonntag indes weitgehend auf Dortmunder Lokalkolor­it. Der Film wurde zu großen Teilen in einem leerstehen­den Magdeburge­r Gefängnis gedreht. Nur zwei Drehtage fanden in Dortmund statt. Um dies zumindest etwas zu kaschieren, verlegen die Kommissare eine Teambespre­chung ins altehrwürd­ige Stadion Rote Erde. Muss halt auch mal reichen. Ursprüngli­ch sollte „Tollwut“übrigens bereits im September gezeigt werden, dann kam aber das TV-Duell vor der Bundestags­wahl dazwischen. Heute kann man sagen: Dieser „Tatort“wäre schon damals interessan­ter gewesen.

 ?? FOTO: DPA ?? Gefängnisd­irektorin Angelika Zerrer (Ulrike Krumbiegel, l.) mit den Kommissare­n Martina Bönisch (Anna Schudt, 2.v.l.), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Peter Faber (Jörg Hartmann) am Ort des Geschehens.
FOTO: DPA Gefängnisd­irektorin Angelika Zerrer (Ulrike Krumbiegel, l.) mit den Kommissare­n Martina Bönisch (Anna Schudt, 2.v.l.), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Peter Faber (Jörg Hartmann) am Ort des Geschehens.

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