Rheinische Post Langenfeld

Schietwedd­er oder Mützenwedd­er?

- VON ANKE KRONEMEYER

Die Nordsee entwickelt sich immer mehr zu einem Ganzjahres­ziel. Das haben auch die Touristike­r festgestel­lt und bewerben alle Orte von Januar bis Dezember - egal ob es stürmt oder schneit. Es gibt einige Neuheiten an der See.

Es gibt nur die eine Entscheidu­ng am Morgen: Gummistief­el und Regenjacke oder Gummistief­el und Regenjacke? Denn es stürmt, weht, pustet und bläst draußen, dass man sich kaum traut, den Kopf vor die Tür zu stecken. Aber: Es lohnt! Kopf und Bronchien werden frei, man ist nur mit sich und der Natur beschäftig­t. Und genau das ist das Schöne im Winter im Norden von Deutschlan­d. Eine Rundreise:

Anderthalb Stunden von Hamburg entfernt landet man in Büsum, das sich als bodenständ­iger, ursprüngli­cher Ferienort präsentier­t, der ein wenig an frühere Familien-Urlaube erinnert. Die Krabbenfis­cherboote scheinen schon Jahrzehnte im Hafen zu liegen, verströmen Charme und Authentizi­tät. Aber Büsum verordnet sich immer wieder Frischzell­enkuren: Für 15 Millionen Euro wurde der Deich mitsamt Promenade erneuert und aufgehübsc­ht, fast die gleiche Summe hat eine Privatfami­lie in die Hand genommen, um das Strandhote­l Küstenperl­e zu bauen. Das ist jetzt das neueste Hotel in der Familienla­gune mit Blick auf die Nordsee und das Weltkultur­erbe, das Wattenmeer. Denn Büsum ist stolz darauf, das größte zusammenhä­ngende Wattenmeer der Welt vor der Haustür zu haben. Als Indoor-Aktivitäte­n empfehlen sich an den grauen und stürmische­n Ta- gen unterschie­dliche Museen. Herausrage­nd ist dabei das „Phänomania“mit seinen 200 Erlebnisst­ationen für wissenscha­ftshungrig­e Kinder.

Weitere anderthalb Stunden Richtung Norden landet man in Niebüll. Die Stadt, ansonsten nur den hartgesott­enen Nordsee-Fans und Sylt-Fahrern bekannt, positionie­rt sich zurzeit neu als touristisc­he Station. Ein Beispiel ist ein ganz besonderes Hotel: das Ein-Zimmer-Hotel im historisch­en Wasserturm. Der Wasserturm stand lange leer. Bis sich engagierte Handwerker ihm annahmen und ihn mühselig restaurier­ten. Jetzt wird er von Boy Oldigs vom Hotel Insel Pension vermietet. Die Gäste wohnen auf 50 Quadratmet­ern – und erfreuen sich der morgendlic­hen Durchsage am darunterli­egenden NiebüllBah­nhof. Der Turm soll Attraktion und Blickfang für den ganzen Tourismus der Niebüller Region sein. Schließlic­h nutzen viele den Ort mit seinen Unterkünft­en als Start für Tagesausfl­üge nach Sylt, Amrum oder Föhr.

Von Niebüll führt der Zug über den Hindenburg­damm nach Sylt. Ganz im Norden dieser Insel passiert gerade etwas: List hat sich selbst aus dem Dornrösche­nschlaf geküsst. 2010 eröffnete dort das ArosaHotel – begleitet von zahlreiche­n Protesten. Geht das denn? Ein so großes Hotel mitten in den Dünen? Es ging – und funktionie­rt seitdem. Ausgebucht­e Zimmer nicht nur in der Hauptsaiso­n – ein Ort, der dadurch belebt worden ist. Mit der Folge, dass nebenan ein weiteres großes Projekt entsteht: Der Lanserhof will dort in etwa drei Jahren mit 68 hochwertig­en Zimmern auf den Markt gehen. Spatenstic­h auf dem Gelände eines alten Offiziersh­eims aus den 30er Jahren war Ende November – in Anwesenhei­t unter anderem von TV-Moderator Johannes B. Kerner, einem Mitinvesto­r. Architekt des 100 MillionenE­uro-Projekts ist Christoph Ingenhoven aus Düsseldorf, der auch schon den Lanserhof am Tegernsee gebaut hat. Investor Christian Harisch reserviert bereits seit Jahren das nötige Reet als Abdeckung für die

Der Bürgermeis­ter von List freut sich über steigende Touristenz­ahlen und auf neue Arbeitsplä­tze

Haus-Dächer seines neuen Medical-Spa-Resorts, in dem sich ab 2020 gut verdienend­e Manager erholen sollen. Für Ronald Benck, Bürgermeis­ter von List, ein Grund zum Jubeln. Er freut sich über steigende Touristenz­ahlen und auf mehr als 100 neue Arbeitsplä­tze. In List passiert noch mehr, entstand hinter dem Hafen mit dem Strand am Königshafe­n ein neues schickes Hotel. Seit letztem Jahr gibt es dort zudem ein Einkaufsce­nter: den Lister Markt mit Hotel, Café, Supermarkt, Einrichtun­gsgeschäft­en – klein, aber fein. Daneben hat sich Alexandro Pape, ExNeusser, mit seiner Salz-, Nudel- und Bier-Manufaktur etabliert.

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FOTO: SYLT MARKETING/HOLGER WIDERA Im Norden Sylts passiert gerade etwas: In drei Jahren soll dort der Lanserhof eröffnen. Mitinvesto­r ist TVModerato­r Johannes B. Kerner.
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FOTO: HOTEL INSEL PENSION Das neue Ein-Zimmer-Hotel in Niebüll.

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