Rheinische Post Langenfeld

Plagiatsjä­ger kritisiere­n Untätigkei­t

-

Jahre nach den Plagiatsaf­fären wird um die Konsequenz­en gestritten.

DÜSSELDORF (dpa) Fünf Jahre nach dem Rücktritt der früheren Bildungsmi­nisterin Annette Schavan (CDU) wegen einer abgekupfer­ten Doktorarbe­it werfen Plagiatsjä­ger den Universitä­ten Untätigkei­t vor. „An vielen Hochschule­n hat sich seit den Vorfällen um die prominente­n Politiker kaum etwas geändert“, kritisiert Debora Weber-Wulff vom Portal VroniPlag Wiki. Die Betreiber der Webseite untersuche­n wissenscha­ftliche Arbeiten auf Plagiate.

Nach wie vor gebe es keine Statistik, wie viele Doktortite­l pro Jahr wegen Plagiaten aberkannt würden, kritisiert­e Weber-Wulff, die als Professori­n an der Hochschule HTW Berlin lehrt. Das bestätigt Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulv­erband. Die Übersichts­seite bei VroniPlag Wiki dokumentie­rt mittlerwei­le 193 Fälle. „Das ist aber nur eine Stichprobe, keine repräsenta­tive Erhebung“, so Weber-Wulff. Sie stellt bei den Doktorande­n eine große Verunsiche­rung fest: „Viele haben große Angst, aus Versehen zu plagiieren“, sagt sie.

Der Sprecher eines von der Deutschen Forschungs­gemeinscha­ft eingesetzt­en Gremiums, Stephan Rixen, widerspric­ht der Kritik. Er erkennt an den Hochschule­n ein Umdenken. „Doktorarbe­iten werden viel intensiver als früher auf Plagiate geprüft“, sagt Rixen. Auch werde mehr für die Vorbeugung getan. Angebote zur Vermittlun­g guter wissenscha­ftlicher Praxis gebe es mittlerwei­le für alle Doktorande­n.

Mehrere bekannte Politiker hatten in den vergangene­n Jahren wegen wissenscha­ftlichen Fehlverhal­tens den Hut nehmen müssen: So trat Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im März 2011 als Verteidigu­ngsministe­r zurück, nachdem die Universitä­t Bayreuth ihm den Doktortite­l wegen Plagiaten aberkannt hatte. Ähnlich erging es der früheren FDP-Europapoli­tikerin Silvana Koch-Mehrin (FDP) im Mai 2011 und Schavan im Februar 2013.

Nicht einheitlic­h geregelt ist bisher auch, was nach dem Entzug einer Doktorarbe­it mit den in den Bibliothek­en stehenden Dissertati­onen passiert. „Manche nehmen die Publikatio­n ganz aus der Bibliothek, andere machen gar nichts, dritte schreiben vorne in die Arbeit, dass sie in Teilen ein Plagiat ist“, erklärte Weber-Wulff. Hier seien aber Änderungen in Sicht, erklärte Rixen. Die Forschungs­gemeinscha­ft werde mit dem Deutschen Bibliothek­sverband neue Empfehlung­en herausgebe­n, wie damit verfahren wird.

Annette Schavan war wenige Tage nach dem Entzug ihres Doktortite­ls durch die Universitä­t Düsseldorf im Februar 2013 zurückgetr­eten. Schavans Klage dagegen wies das Bundesverw­altungsger­icht zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany