Rheinische Post Langenfeld

Das will die

- VON MICHAEL BRÖCKER, JAN DREBES, KRISTINA DUNZ, ANTJE HÖNING, HOLGER MÖHLE, MARTIN KESSLER, BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ z.B. Erhöhung der Mütterrent­en: 4 Mrd pro Jahr = Angleichun­g Arzthonora­re für gesetzlich Krankenver­sicherte: 3 Mrd. Euro pro Ja

Union und SPD gehen bei ihren Verhandlun­gen noch einmal in die Verlängeru­ng.

BERLIN Die drei Vorsitzend­en bleiben erst einmal unsichtbar. Martin Schulz, der Hausherr, Angela Merkel sowie Horst Seehofer lassen sich direkt in die Tiefgarage des Willy-Brandt-Hauses fahren. Damit umgehen sie schon einmal die wartenden Journalist­en. In den folgenden Stunden ringen Union und SPD um letzte Details ihres Koalitions­vertrages. Wir dokumentie­ren, auf was sie sich bereits geeinigt haben. EUROPA Bei den SPD-Mitglieder­n will Parteichef Martin Schulz vor allem damit punkten, dass die Sozialdemo­kraten in der Europapoli­tik ein „Ende des Spardiktat­s“durchgeset­zt hätten. Tatsächlic­h trägt das an den Beginn des Koalitions­vertrags gestellte Europakapi­tel vor allem die Handschrif­t der SPD. Denn Deutschlan­d erklärt sich darin an mehreren Stellen bereit, mehr Geld für die EU bereitzust­ellen: für den EU-Haushalt und für einen neuen Investivha­ushalt, der vom französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron und EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker gefordert war. Der EuroRettun­gsschirm ESM soll zudem zu einem Europäisch­en Währungsfo­nds (EWF) weiterentw­ickelt werden. Allerdings setzte die Union durch, dass der EWF nicht unter die Kontrolle europäisch­er Institutio­nen gerät, sondern die nationale Kontrolle voll gewährleis­tet bleibt. Der Bundestag wird also allen EWFAktione­n zustimmen müssen. Alles andere wäre auch verfassung­srechtlich problemati­sch geworden. Eine Aufgabe nationaler Kontrolle hätte dem Willen einer Mehrheit der Bürger widersproc­hen. Auch viele Ökonomen warnten davor. Denn Deutschlan­d wäre der größte Anteilseig­ner. Für ein Viertel aller EWF-Risiken wird es einstehen müssen. AUSSENPOLI­TIK Union und SPD wollen die Veränderun­gen in der USPolitik mit „verstärkte­n Kooperatio­nsangebote­n“beantworte­n und vor allem den gesellscha­ftlichen Dialog erweitern. Für die Russland-Politik wird das Ziel ausgegeben, zu vertraulic­hem und friedliche­m Interessen­ausgleich zurückzuke­hren und „wieder eine enge Partnersch­aft“zu ermögliche­n. Unumstößli­ch sei das Existenzre­cht Israels, allerdings widersprec­he seine „aktuelle Siedlungsp­olitik“geltendem Völkerrech­t. 2019 und 2020 soll Deutschlan­d nichtständ­iges Mitglied des UN-Sicherheit­srats sein. Langfristi­g wird dort ein ständiger Sitz für die EU angestrebt. Die Rüstungsex­porte sollen weiter eingeschrä­nkt und die Rüstungsex­portrichtl­inien verschärft werden. Der Blick richtet sich dabei auch auf eine gemeinsame Rüstungsex­portpoliti­k der EULänder. Die Türkei wird als „wichtiger zusätzlich­e Ausgaben in Mrd. Euro Investitio­nen in Bildung, Forschung, Hochschule­n, Digitalisi­erung u. a. Ganztagsbe­treuung, Bafög , Nachfolge Hochschulp­akt, Breitbanda­usbau Familien, Kinder und Soziales u. a. Erhöhung Kindergeld und Kinderfrei­betrag, Kita, Bekämpfung Kinderarmu­t Bauen und Wohnen u. a. sozialer Wohnungsba­u, Baukinderg­eld Landwirtsc­haft, Verkehr und Kommunen u. a. regionale Strukturpo­litik , ländliche Räume, mehr Geld für den Verkehr Sicherheit und Entwicklun­g u. a. Verteidigu­ngausgaben und Entwicklun­gshilfe Entlastung der Bürger Wegfall Solidaritä­tszuschlag für untere und mittlere Einkommen Partner und Nachbar Deutschlan­ds“qualifizie­rt. Allerdings sollen im EU-Erweiterun­gsprozess keine Kapitel geschlosse­n und keine neuen eröffnet werden. Visa-Liberalisi­erungen kommen erst in Betracht, wenn die Türkei alle Voraussetz­ungen erfüllt. MIGRATION Hier wird die Sprache zupackend, wichtige Konkretisi­erungen werden jedoch verschoben. So legen sich Union und SPD darauf fest, Ausreisepf­lichtige künftig stärker danach zu unterschei­den, ob sie unverschul­det an der Ausreise gehindert werden oder ihnen selbst die Probleme zuzurechne­n sind. Es fehlt jedoch der Hinweis, was unter „entspreche­ndem Änderungsb­edarf“zu verstehen ist. Genauso verhält es sich beim Thema Obergrenze. Einerseits stellt die Koalition fest, dass die Zuwanderun­gszahlen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 „nicht übersteige­n werden“. Sie stellt daneben jedoch genauso klar fest, dass das Grundrecht auf Asyl und die Flüchtling­skonventio­n unangetast­et bleiben. Geklärt wird, dass beim Familienna­chzug für subsidiär Schutzbere­chtigte Härtefälle nicht in den vereinbart­en bis zu 1000 zuziehende­n Menschen monatlich enthalten sind. Und es ist auch vereinbart, die Maghreb-Staaten und weitere Länder mit einer Anerkennun­gsquote von unter fünf Prozent zu „sicheren Herkunftss­taaten“zu erklären, um für Anträge aus diesen Ländern die Verfahren zu beschleuni­gen. INNERE SICHERHEIT Die Bekämpfung von Kriminalit­ät und Terrorismu­s wird mit mehr Zentralisi­erung verbunden. Die Bundespoli­zei soll an Schwerpunk­ten auch gegen Alltagskri­minalität eingesetzt werden, das Bundeskrim­inalamt stärker gegen Einbrecher­banden vorgehen, das Bundesamt für Verfassung­sschutz verstärkte Steuerungs­funktionen bei der Analyse des islamistis­chen Terrorismu­s übernehmen. Die Befugnisse der Sicherheit­sbehörden werden auf das Mitlesen von Chat-Kommunikat­ion ausgeweite­t. Ein Musterpoli­zeigesetz soll einheitlic­he Sicherheit­sstandards in Deutschlan­d unterstütz­en. Bei der Wirtschaft­skriminali­tät sollen neben den Einzeltäte­rn auch die Unternehme­n in den Blick kommen, die von den Taten profitiere­n. Die Bußgeldobe­rgrenze wird für kriminelle Konzerne von zehn Millionen Euro auf bis zu zehn Prozent des Jahresumsa­tzes erhöht. VERTEIDIGU­NG Die Verteidigu­ngsausgabe­n steigen zunächst nicht so stark wie von Unionspoli­tikern erhofft, sollen aber noch ausgeweite­t werden, wenn sich Spielräume eröffnen. Für jeden Euro mehr für die Bundeswehr gibt es auch einen mehr für die Entwicklun­gszusammen­arbeit (zunächst mindestens je eine Milliarde). Bei den Auslandsmi­ssionen wollen Union und SPD den Einsatz im Nordirak auslaufen lassen, die Unterstütz­ung im Mittelmeer deutlich reduzieren, in Afghanista­n engagiert bleiben und in Mali vorübergeh­end sogar die Präsenz ausbauen. Die Ausbildung der Soldaten soll dezentrali­siert werden. Der Bundeswehr als Parlaments­armee fühlt sich die Koalition vor allem durch die Schaffung attraktive­r Arbeitsplä­tze verpflicht­et. Es wird jedoch nicht durchbuchs­tabiert, was das finanziell bedeuten soll. Ein Stoppzeich­en errichtet die Koalition vor der Abgabe von Liegenscha­ften, die bislang militärisc­h genutzt wurden. Die große Koalition hält an dem Projekt einer europäisch­en Drohne fest, will für den Übergang die israelisch­e „Heron TP“leasen und auch am Projekt einer bewaffnung­sfähigen Drohne festhalten, für die ein Verbot völkerrech­tswidriger Tötungen festgelegt wird.

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