Teure Wette auf eine sehr gute Zukunft
Die SPD hat durch Erpressung sehr viel herausgeholt in diesen Koalitionsverhandlungen. Bessere Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte, eine Solidarrente für Geringverdiener, Soli-Abbau für alle, nur nicht für Besserverdienende – dies und mehr müsste doch Balsam auf die Seele jedes SPD-Mitglieds sein, das in den kommenden Wochen darüber entscheiden darf, ob Deutschland endlich eine Regierung bekommt.
Dieser Vertrag trägt wie schon der letzte schwarzrote von 2013 klar die Handschrift der SPD. Frappierend ist, dass dieser Eindruck bei den Bürgern bisher nicht verfing. Der Niedergang der SPD ist vor allem auch ein Scheitern ihrer Öffentlichkeitsarbeit.
Aus Angst vor einem negativen SPD-Mitgliederentscheid haben die Möchtegern-Koalitionäre in letzter Minute noch viel hineingeschrieben, für das sie gar kein Geld haben. Die Verbesserungen für gesetzlich Krankenversicherte etwa dürften viele weitere Milliarden kosten. Der hohe Ausgabendruck, der sich aus diesem Koalitionsvertrag insgesamt ergibt, ist eine teure Wette auf eine weiterhin blendende wirtschaftliche Zukunft. Aber irgendwann wird auch dieser Aufschwung zu Ende sein, und irgendwann wird die EZB auch wieder die Zinsen erhöhen. BERICHT GROKO-SPANNUNG BIS ZUM SCHLUSS, TITELSEITE
ENeue Jobs für NRW
s ist gut, wenn der weltweite Aufschwung auch in NRW für bessere Wirtschaftsdaten sorgt. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, die Unternehmen fahren steigende Gewinne ein – doch Grund zum Ausruhen ist das nicht. Noch immer liegt die Arbeitslosenquote in NRW rund 50 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt, kein anderes westdeutsches Flächenland schneidet schlechter ab. Also ist Selbstzufriedenheit falsch am Platz, die knapp 700.000 Arbeitslosen in NRW brauchen Chancen.
Was ist zu tun? Es ist vernünftig, wenn die neue Landesregierung die Wirtschaft weniger gängeln will. Die angestrebte engere Kooperation zwischen Hochschulen, Gründern und mittelständischen Firmen sollte vorangetrieben werden – so können vielfach gute Jobs entstehen. Ansonsten braucht NRW vorrangig eine bessere Infrastruktur und bessere Schulen. Solange Zehntausende Schulabgänger nicht einmal richtig Lesen und Schreiben können, solange Staus und verspätete Züge normal sind und solange wirklich schnelle Onlinezugänge Mangelware bleiben, hat NRW ein Zukunftsproblem. BERICHT
Ein schwieriger Gast
Der Papst war um klare Worte nicht verlegen, als er bei seinem Besuch in der Türkei 2014 die Glaubens- und Meinungsfreiheit anmahnte und sogar den türkischen Genozid an den christlichen Armeniern anprangerte.
Vier Jahre später macht Präsident Erdogan seinen Gegenbesuch im Vatikan, den ersten eines türkischen Staatschefs seit 59 Jahren. Und es hat den Anschein, als träfen sich zwei alte Bekannte. Als entspannt bezeichneten Anwesende die Gespräche. Über die Ablehnung Jerusalems als alleinige Hauptstadt Israels waren sich die beiden völlig einig.
Es ist gut, dass Papst Franziskus schwierige Gäste empfängt. Doch er hätte deutlicher gegenüber Erdogan sein können. Denn der trägt mit seiner autoritären Politik nach innen und seinem Angriffskrieg gegen die Kurden nicht zu Freiheit, Stabilität und Frieden in der Region bei. Auch die Behinderung der Christen in der Türkei, das faktische Verbot, neue Kirchen zu bauen, passen nicht zur gezeigten Eintracht zwischen den beiden. Um des lieben Friedens willen darf Franziskus nicht zum Leisetreter werden. BEITRAG