Als die Dienerschaft aufbegehrte
Die Preußische Gesindeordnung hatte auch Auswirkungen in Mettmann und Umgebung.
KREIS METTMANN Dass sich ein Stadtoberhaupt mit Papierkram herumzuschlagen hat, ist nichts wirklich Neues. Was allerdings den hiesigen Bürgermeistern vor 200 Jahren ins Rathaus flatterte, hatte es in sich. Beinahe 180 Paragrafen waren nötig, um das Gesinde endlich in die Schranken zu weisen. Und selbstverständlich gehörte die Neufassung der „Preußischen Gesindeordnung“von 1810 zu den ganz besonders wichtigen, juristischen Werken. Glaubt man Ludwig Rasche, so muss es damals nicht nur in Mett- mann drunter und drüber gegangen sein. Der Heimatforscher hatte einst das opulente Pamphlet gewälzt und Erschreckendes zutage gefördert. „Das viele Fressen macht nur faule Leute und träge Arbeiter“, war bei ihm als Grund dafür zu lesen, dass es fortan anders laufen müsse. Vor allem das Vesperbrot für die Dienstboten scheint den Herrschaften ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Nicht nur, weil dabei schlichtweg Zeit verplempert wurde, die man eigentlich mit dem Putzlappen in der Hand hätte verbringen können. Sondern auch, weil das Kaffeekränzchen angeblich eingefordert worden sein soll. Und das, obwohl die Angestellten schon morgens, mittags und abends auf Verköstigung beharrt haben sollen.
Liest man das seitenlange Werk zur Disziplinierung der Untertanen, so drängt sich vor allem eine Frage auf: Wer war hier der Herr und wer das Gescherr? Wie hat man sich das vorzustellen? Es schlägt Drei und die Putzfrau legt den Lappen zu Seite und besteht auf die bergische Kaffeetafel?
Schaut man in die Gesindeordnung, drängt sich gleich schon der Eindruck auf, in herrschaftlichen Haushalten sei damals irgendwas vollkommen falsch gelaufen. Ludwig Rasche jedenfalls berichtet von chaotischen Zuständen, inmitten derer das Fußvolk auch noch Tabak, Bier und Branntwein gefordert haben soll. Mit dem, was bei den Herrschaften auf den Tisch kam, seien die Untertanen nicht zufrieden gewesen. Offenbar folgte der Speiseplan dem Diktat derjenigen, die eigentlich gar nichts hätten fordern dürfen. „Lüsternes Gesinde soll auf einige Tage mit Gefängnisstrafe bei Wasser und Brot belegt werden“, zitiert Rasche aus den Begründungen der Gesindeordnung, in der mit derart unhaltbaren Zuständen endlich mal aufgeräumt werden sollte. Zuvor hatte man sich übrigens im Mettmanner Rathaus damit befassen müssen, dass bei Beerdigungen in den hinteren Reihen herumgepöbelt wurde. Alkoholisiert sollen sie auch noch gewesen sein, die Störenfriede, die auf dem letzten Weg lautstark aus der Reihe getanzt sein sollen. Wichtige Leute können das nicht gewesen sein, die stehen bekanntlich immer ganz vorne. Höchste Zeit also, beim Fußvolk endlich mal konse-
Die Preußische Gesindeordnung jedenfalls überließ nichts mehr dem Zufall