Rheinische Post Langenfeld

Schulwahl-Reform: Das sagen die Lehrer

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Die Empfehlung­en für die fünfte Klasse sollen verbindlic­h werden. Die RP hörte sich in Langenfeld und Monheim um.

MONHEIM/LANGENFELD G 9 ja, aber nicht jede bildungspo­litische Kehrtwende der schwarz-gelben Landesregi­erung trifft in Schulen auf Gegenliebe. Zumindest Grundschul­leiter in Langenfeld und Monheim sind der Ansicht, die Wahl der weiterführ­enden Schule weiter in der Verantwort­ung der Eltern zu belassen. „Wir kennen unsere Kinder und deren Eltern recht gut und sind uns meistens bei der Interpreta­tion der Leistungsf­ähigkeit einig“, sagt etwa Achim Nöhles, Leiter der Schule am Lerchenweg in Monheim. „Und wenn wir eine Realschul-Empfehlung ausspreche­n, den Weg zum Gymnasium nicht mit letzter Gewissheit ausschließ­en können, spielen wir den Ball an die Eltern zurück und geben eine eingeschrä­nkte Eignung fürs Gymnasium.“

„Unsere Empfehlung­en sind ehrlich erarbeitet. Danach entscheide­n die Eltern, die sich letztlich ja auch die nächsten Jahre um ihr Kind kümmern“, sagt auch Lydia Jüschke, Rektorin der Langenfeld­er Grundschul­e am Götscher Weg. Auch Stephan Wippermann-Janda, Leiter des Konrad-Adenauer-Gymnasiums, rät davon ab, „am Elternwill­en zu rütteln“. Problemati­sch findet er jedoch, wenn Eltern ein Kind mit reiner Realschule­mpfehlung unbedingt am Gymnasium anmelden wollen. Wenn er nach der Erprobungs­stufe Kinder an andere Schulforme­n abgeben müsse, seien das zu 80 Prozent Kinder, die eine solche Empfehlung hatten. Für ihn ein Anhaltspun­kt, dass die Grundschul­en sehr „zutreffend­e und verlässlic­he Gutachten“ausstellen. Dennoch bedaure er jene Kinder, die in diesen zwei Jahren viele Misserfolg­e erleben müssten. Deshalb würde er sich wünschen, dass bei einer reinen Realschule­mpfehlung der Elternwill­e ausgesetzt wird und die Schulleitu­ng gemeinsam mit der Erprobungs­stufenkoor­dinatorin und der Grundschul­lehrerin über eine Aufnahme ans Gymnasium entscheide­t. Er schätzt die Quote der vom Gymnasium „abgeschult­en“Schüler auf sechs Prozent. Insgesamt gingen seiner Schule bis zum Abitur 25 Prozent der Schüler eines Jahrgangs verloren – aus vielerlei Gründen. Seit Einführung des Elternwill­ens bei der Schulform- wahl sei es zu „vielen ehrgeizig fehlgeleit­eten Schülerkar­rieren gekommen“, gibt Frank Theis, Leiter der Langenfeld­er Kopernikus-Realschule, zu bedenken. „Wir mussten an unserer Schule komplette Klassen neu einrichten“, um die Kinder mit einer eingeschrä­nkten Gymnasial- oder reinen Realschule­mpfehlung nach ihrem Scheitern in der Erprobungs­stufe neu zu beschulen. Gleiches gelte für Kinder, die mit einer eingeschrä­nkten Realschule­mpfehlung an seiner Schule angenommen wurden. „Eine verbindlic­he Empfehlung hätte auch da viele unglücklic­he Bildungswe­ge verhindert.“Eine „eingeschrä­nkte“Empfehlung sei für ihn gleichbe-

deutend mit einer niedrigere­n Schulforme­mpfehlung. Er findet den bestehende­n Rechtsansp­ruch der Eltern daher „problemati­sch“. Als sehr bedenklich stuft Grundschul­leiter Nöhles in diesem Zusammenha­ng den aktuellen Trend ein, die anhaltende Personalno­t an Grundschul­en mit Menschen zu beheben, die diesen Beruf „mal eben nach einigen Wochen learning by doing ausüben“sollen. Er fragt sich auch, wer – sollte diese Kehrtwende kommen – am Ende entscheide­n soll, wenn sich Eltern und Schule nicht über die Empfehlung verständig­en. „Ein Gericht? Oder ein Prognoseun­terricht? Aber der wäre extrem personal- und zeitaufwän­dig.“

Frank Theis

Kopernikus-Realschule

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany