Rheinische Post Langenfeld

Berliner Viertel leidet unter Sperrmüll-Chaos

- VON SABINE SCHMITT

Monat für Monat türmt sich in der Monheimer Hochhaus-Siedlung der Unrat. Die einen entsorgen unbefugt – dann kommen die Müllfledde­rer.

MONHEIM Aufgerisse­ne Tüten, versiffte Bettlaken, Klamotten, Koffer, Kartons, Windeln, Farbeimer, ein Ölradiator, Glasscherb­en – viele Glasscherb­en. Alles wild verteilt. Es ist kein auf dem Haufen gestapelte­r Müll, hier auf einem Bürgerstei­g im Berliner Viertel. Es ist eine große vermüllte Fläche. Fußgänger kommen nicht weiter, müssen auf die andere Straßensei­te wechseln oder auf die Straße – weit auf die Straße. Auch am Farbbahnra­nd verteilen sich Abfälle und Gerümpel. Was ist hier los? Kommt der Sperrmüll?

Nein, der Sperrmüll war da. Am Vortag. Was noch liegt, ist der Rest. Das, was nicht abgeholt worden ist, weil es nicht unter Sperrmüll fällt. Irgendwelc­he Leute haben es trotzdem abgeladen. So was kommt immer wieder vor im Berliner Viertel, der Hochhaus-Siedlung im Monheimer Süden. Seit Jahren. Und auch jetzt wieder an der Ecke Weddinger/Plötzensee­r Straße. „Stinksauer“, schrieb einer, der hier wohnt und vom Fenster auf den Müll guckt, bei Facebook. Er postete auch Fotos vom zerfledder­ten Unrat. Es folgte eine rege Diskussion. Später wurde der Post gelöscht.

Wie kommt es zu dem Müllproble­m? Georg Scheyer betreut als Stadtteilm­anager das Berliner Viertel und sitzt täglich in seinem Büro am Ernst-Reuter-Platz 20. Scheyer kümmert sich um das Viertel und seine Menschen, um ihre Probleme und kämpft gegen den schlechten Ruf des Hochhausvi­ertels, das in den 1960er Jahren entstand. Über das Müllproble­m sagte Scheyer zum Beispiel mal: „Dadurch, dass hier eine sehr enge Bebauung herrscht, und etwa 11.000 Menschen hier wohnen, gibt es auch ein höheres Aufkommen an Sperrmüll.“

Je mehr Menschen, desto mehr Sperrmüll. Nachvollzi­ehbar. Aber ist es nur das? Eine Anwohnerin sagt: Es gebe im Viertel viele, die einfach auf den Haufen schmeißen – egal, was es ist. Es seien aber nicht nur Leute aus der Nachbarsch­aft, die hier ihren Dreck abladen. „Manchmal halten sogar Autos mit Leverkusen­er Kennzeiche­n und laden Müll ab – Müll, nicht Sperrmüll.“Dass das so sei, sagt sie, liege auch daran, dass man im Internet nachlesen könne, wann im Viertel die Sperrmüllt­ermine sind.

Anders als in anderen Teilen der Stadt müssen die Bewohner des Berliner Viertels die Sperrmüll-Abfuhr nicht anmelden. Sie erfolgt automatisc­h und monatlich an festgesetz­ten Tagen. Was dann folgt, ist immer ähnlich: Wer etwas loswerden will, legt es raus, oft schon lange vor dem Termin – laut Stadt ein großes Problem. Es bilden sich Müllberge, dann folgt das Zerfledder­n. Leute, oft auch von außerhalb, durchwühle­n die Sperrmüllb­erge nach Brauchbare­m und Gegenständ­en, die sich für den Wiederverk­auf eignen. Dann kommt die Müllabfuhr, nimmt Sperrmüll mit. Der Rest bleibt liegen. Dann kommt entweder der Hausmeiste­rdienst des Großvermie­ters LEG oder die Straßenrei­nigung der Stadt und säubert Bürgerstei­ge und Straßen – bis zum nächsten Termin. Zwischendu­rch schimpfen einige und posten Bilder des Missstands bei Facebook.

Was könnte man ändern? Andreas Apsel von der Stadt Monheim, kündigte gestern an, mit der LEG über Lösungen zu sprechen. Die LEG sei als Haupteigen­tümer in der Pflicht, sich um das Problem zu kümmern, so der Leiter der städtische­n Betriebe. Die LEG sagte auf RP-Anfrage man schreibe Mieter an, veranstalt­e Umwelttage, um zu sensibilis­ieren. „Aber ab einem gewissen Punkt sind uns die Hände gebunden. Die Mieter müssen mitspielen.“

Gemeinsam lösen

Mit dem Finger auf andere zeigen ist einfach. Die da im Berliner Viertel mit ihrem Müllproble­m. Die da, die einfach alles auf die Straße schmeißen. Aber was bringt das? Mit sehr großer Sicherheit schämen sich die meisten, die im Viertel leben, für das, was vor ihrer Haustür mit dem Müll passiert. Sicher ist es auch die Anonymität in der Masse, die es möglich macht, dass Einzelne unerkannt ihren Unrat entsorgen. Aber vielleicht liegt in der Vielzahl auch die Chance, dass sich etwas ändert. Wenn sich etwa Bewohner eines Hauses organisier­en und noch mehr darauf gucken, was vor ihrer Haustür passiert – indem sie Leute ansprechen, die sich nicht an Regeln halten, und im Zweifel auch vor ihrer Haustür aufräumen. Sicher sind auch LEG und Stadt gefragt – aber ohne Rückhalt im Viertel werden die Offizielle­n das Problem nicht lösen können.

SABINE.SCHMITT@RHEINISCHE-POST.DE

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany