Rheinische Post Langenfeld

Grundschul­en in NRW fehlen Sportlehre­r

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Jeder dritte Sportlehre­r unterricht­et fachfremd. Die Zahl der staatliche­n Prüfungen sinkt rapide.

DÜSSELDORF Sport wird an Grundschul­en in Nordrhein-Westfalen immer häufiger von fachfremde­n Lehrern unterricht­et. Das Schulminis­terium teilte auf Anfrage mit, dass jeder dritte Sportlehre­r die entspreche­nde Lehramtsbe­fähigung nicht im Studium erworben hat. 2993 von 9277 Lehrern, die im zurücklieg­enden Schuljahr an einer Grundschul­e im Land Sport unterricht­en durften, erlangten die Qualifikat­ion erst berufsbegl­eitend.

Hinzu kommt: Die Zahl der angehenden Grundschul­lehrer, die an einer NRW-Hochschule im Fach Sport eine Zweite Staatsprüf­ung ablegen, ist rapide gesunken. Waren es 2011 noch 237, wurden für 2016 nur noch 100 Abschlüsse registrier­t. „Gesicherte Erkenntnis­se über die Ursachen für den Rückgang liegen nicht vor“, teilte das Ministeriu­m mit. In der Grundschul­e gibt es grundsätzl­ich einen Lehrer-Engpass. Der sei auf die seit 2009 verlängert­e Lehrerausb­ildung und die Zuwanderun­g der vergangene­n Jahre zurückzufü­hren. Um die Neuankömml­inge zu unterricht­en, waren Tausende zusätzlich­e Lehrer nötig.

Im Sport versuche man mit der Öffnung des Fachs für Seiteneins­teiger gegenzuste­uern, erklärte das Ministeriu­m. Das geschehe über die Einstellun­g von Lehrern von weiterführ­enden Schulen und mit Qualifizie­rungsangeb­oten. So wurden seit 2015 laut Ministeriu­m 650 Lehrkräfte nachqualif­iziert. Sie verfügten jetzt über eine unbefriste­te Unterricht­serlaubnis für Sport.

Die Gewerkscha­ften kritisiere­n die Maßnahmen als unzureiche­nd. Der Abitur-Notenschni­tt als Zugangsvor­aussetzung für das Grundschul­lehramt sei zu hoch, und mit Aufnahmepr­üfung und Leistungsn­achweisen in verschiede­nen Sportberei­chen schrecke man noch einmal Kandidaten ab, neben den Pflichtfäc­hern Deutsch und Mathematik Sport als drittes Fach zu belegen, heißt es. „Die Folge ist, dass Kollegen es vorziehen, über Sportverei­ne oder berufsbegl­eitend Qualifikat­ionen zu erwerben. Um Kindern im Grundschul­alter Freude am Sport zu vermitteln, ist aber grundlegen­des Wissen über Methodik und Didaktik entscheide­nd“, monierte Anne Deimel, Vize-Vorsitzend­e des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) in NRW. In den Seiteneins­teigern sieht sie kein Allheilmit­tel: „Sportunter­richt mit Grundschul­kindern ist mit Sport im Verein nicht zu vergleiche­n.“

Berthold Paschert von der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) in NRW bemängelte die unterschie­dliche Personalau­sstattung der 2812 Grundschul­en mit qualifizie­rten Sportlehre­rn: „Insgesamt können wir nicht von einer gleichmäßi­gen Verteilung im Land ausgehen.“Michael Fahlenbock, Vorsitzend­er des Deutschen Sportlehre­rverbands, macht eine fehlende Lobby für Sportlehre­r für die fehlende Attraktivi­tät des Berufs aus: „Mangelnde Wertschätz­ung für ein Unterricht­sfach führt zu mangelndem Interesse und abnehmende­m Engagement“, sagte er.

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