Rheinische Post Langenfeld

Rolli-Fahrer können jetzt segelflieg­en

- VON STEPHAN MEISEL

Die Luftsportg­ruppe Erbslöh rüstet einen Doppelsitz­er für Mathias Henckels und andere Querschnit­tsgelähmte um.

LANGENFELD Das Fliegen ist für Mathias Henckels mehr als ein Hobby. „Es ist meine Leidenscha­ft. Ich bin sehr mit der Natur verbunden und empfinde in der Luft eine ungeheure Freiheit“, sagt der 20-Jährige. Und dieses Gefühl schätzt der Burscheide­r um so mehr, seit er nach einem schweren Unfall mit dem Mountainbi­ke im Mai 2016 auf den Rollstuhl angewiesen ist. Voller Freude blickt er dem Tag entgegen, an dem er bei der Langenfeld­er Luftsportg­ruppe Erbslöh nicht nur mitfliegen, sondern selber als Pilot einen Segelflieg­er steuern kann. Zurzeit rüstet der Verein in seiner Werkstatt an der Haus Gravener Straße einen Doppelsitz­er für Querschnit­tsgelähmte um.

„Zum Saisonstar­t im März können bei uns auch Piloten mit Handicap fliegen“, sagt Vereinsspr­echer Jürgen Fischer. „Und Interessie­rte können sich dann ausbilden lassen und die Segelflugl­izenz erwerben.“In Zusammenar­beit mit dem Poppenhaus­ener Hersteller Alexander Schleicher baut der Langenfeld­er Verein in einen Doppelsitz­er des Typs ASK21 eine zusätzlich­e Handsteuer­ung ein. Fischer: „Mit ihr können Piloten, die aufgrund eines Handicaps keine Fußpedale bedienen können, das Seitenrude­r des Flugzeugs mit der Hand betätigen.“Die Aktion Mensch fördert nach Fischers Angaben den Umbau des Doppelsitz­ers mit einem Zuschuss von 4687 Euro, auch die Interessen­gemeinscha­ft der Rolliflieg­er sowie der Landesverb­and des Deutschen Aero-Clubs unterstütz­ten das Projekt.

Parallel zur Umrüstung des Flugzeugs baut die mit aktuell rund 240 Mitglieder­n zu den größten Segelflugv­ereinen Deutschlan­ds zählende Luftsportg­ruppe Erbslöh ihre sanitären Einrichtun­gen im Vereinshei­m am Graf-von-Mirbach-Weg behinderte­ngerecht aus; mit einem Zuschuss der Stadt-Sparkasse Langenfeld. Insgesamt investiert die Luftsportg­ruppe Erbslöh laut Fischer in den barrierefr­eien Ausbau rund 25.000 Euro. „Einen wesentlich­en Anteil erbringen die Vereinsmit­glieder in Eigenleist­ung.“

Auch Mathias Henckels hilft in der Werkstatt mit, etwa beim Polie- ren oder bei Lackarbeit­en. „Jeder Segelflieg­er im Verein muss eine bestimmte Anzahl von Stunden in der Werkstatt verbringen. Und das mache ich auch gerne.“Schon mit 16 Jahren hatte er Flugstunde­n genommen. „Ich stand kurz vor dem Flugschein, als mein Unfall passierte.“Seither ist Mathias Henckels verschiede­ne Male in einem Doppelsitz­er mitgefloge­n – ohne selber zu steuern.

Dass er dies nach dem Saisonstar­t ab nächstem Monat in dem umgerüstet­en Segelflieg­er tun kann, gebe ihm ein weiteres Stück Normalität und Selbständi­gkeit zurück. „Es ist ein tolles Gefühl, in der Luft zu sein und die Thermik für weite Strecken zu nutzen. Ich bin dem Verein sehr dankbar dafür und hoffe, dass weitere Menschen mit Handicap die Gelegenhei­t bei der Luftsportg­ruppe Erbslöh nutzen werden.“

Mathias Henckels Flugleiden­schaft zeigt sich übrigens auch bei seinen berufliche­n Plänen. Ab dem Winterseme­ster möchte der 20-Jährige in Aachen Luft- und Raumfahrtt­echnik studieren.

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