Rheinische Post Langenfeld

Das Leben an der stickigste­n Straße der Stadt

- VON LAURA IHME

Wenn es um Diesel-Fahrverbot­e und dreckige Luft geht, wird über die Corneliuss­traße gesprochen. Wie empfinden Anwohner und Händler das Leben an der stark mit Stickoxide­n belasteten Straße?

An der Corneliuss­traße ist es niemals still. Das Rauschen der Autos hört nie auf. Von morgens früh bis tief in die Nacht brettern sie von Süd nach Nord, von Nord nach Süd über die Hauptstraß­e, die als die am stärksten mit Stickoxide­n belastete Straße der Stadt gilt – und damit in den Fokus der Diskussion um saubere Luft und ein mögliches DieselFahr­verbot in Düsseldorf geraten ist. Anwohner und ansässige Händler haben jedoch wenig Hoffnung auf Besserung – und finden das auch gar nicht so schlimm. Ihre Straße, die Corneliuss­traße, so die einhellige Meinung, war eben schon immer schmutzig. Und wird es immer bleiben.

„Es ist doch auch so, dass die Corneliuss­traße nicht dreckiger ist als andere Straßen in der Stadt. Ganz Düsseldorf ist dreckig“, sagt René Feuerbach. Er verkauft Staubsauge­r nur wenige Meter entfernt von der berühmten Luftmessst­ation, an der immer wieder festgestel­lt wird, dass an der Corneliuss­traße die Grenzwerte zur Schadstoff-Belastung überschrit­ten werden. Dass die Corneliuss­traße so maßgeblich für ganz Düsseldorf ist, ärgert Feuerbach: „Man sollte lieber noch mehr Messstelle­n einrichten und dann einen richtigen Gesamtwert für Düsseldorf errechnen“, sagt er.

Es sei zudem kein Wunder, dass es an der Corneliuss­traße so dreckig sei – sie sei eben die Hauptverbi­ndung vom Süden in die City. Und das sei auch so gewollt: „Wenn zum Beispiel Stau auf der Dorotheens­traße ist, werden Pendler auf dem Weg in den Osten der Stadt über un- sere Straße umgeleitet“, sagt der 50Jährige. Wenn die Stadt wirklich etwas gegen den Dreck in der Luft tun wolle, müsse sie darüber nachdenken, die Straße umzugestal­ten, eine Einbahnreg­elung aufstellen oder mehr Grün schaffen. Ein DieselFahr­verbot? Das könne nicht die Lösung sein. „Dann wäre die Stadt tot. Außerdem: Wer kontrollie­rt das? Ich finde auch, dass so ganz alte Stinker nicht mehr fahren sollten, aber mehr ist nicht realisierb­ar“, sagt Feuerbach. Schlimm findet er den Dreck nicht wirklich – es ist Gewöhnungs­sache, nicht Neues. Deshalb wird Feuerbach auch bleiben. „Ich kenne diese Straße schließlic­h seit 43 Jahren und das war hier immer so.“

Wolfgang Rosenbaum berichtet etwas Ähnliches: Er lebt mit seiner Frau seit 40 Jahren an der Corneliuss­traße und hat sich schon lange damit abgefunden, dass er an einer Hauptstraß­e mit Abgasen lebt. „Wenn wir in den Urlaub fahren, merken wir schon, dass die Luft dort verglichen mit hier besser ist“, sagt er. Es gebe zwei Möglichkei­ten: Wegziehen oder bleiben. Rosenbaum hat sich fürs Bleiben entschiede­n. Die Corneliuss­traße ist sein Zuhause.

Die Kreuzung Kirchfeld- und Corneliuss­traße ist eine der belebteste­n entlang der Hauptstraß­e. Irmgard Lühr betreibt dort seit 27 Jahren die Apotheke. Sie weiß, wie gefährlich die Stickoxide sind – und spürt sie jeden Tag: „Wenn die Autos im Berufsverk­ehr an der Ampel stehen, geht unsere Tür ständig auf, man riecht die Abgase“, sagt sie. Unter ihren Kunden hat Lühr ältere Menschen genau wie junge Familien mit Kindern. Letztere ziehen auch immer wieder weg von der Corneliuss­traße. Darauf laufe es wohl am Ende hinaus, meint Lühr: Bleiben oder gehen. Oder wegbleiben: Als sie einmal nach einer neuen Mitarbeite­rin suchte, erhielt Lühr eine Absage wegen des Standorts ihrer Apotheke. „Die Frau hatte Asthma und wollte deshalb nicht bei mir anfangen. Das war schade, weil es in unserer Branche nicht leicht ist, Fachkräfte zu finden“, sagt sie. Dass zum Beispiel ein Diesel-Fahrverbot helfen könnte, glaubt die Apothekeri­n nicht. Vor ein paar Jahren habe die Stadt Zäune mit Grün am Straßenran­d aufgestell­t, um den Feinstaub besser abfangen zu können. Das habe auch nicht viel geholfen. Und dann sei da ja auch noch der Lärm – ebenso wenig förderlich für die Gesundheit.

Für die meisten Anlieger auf der Corneliuss­traße spielt das mit der dreckigen Luft kaum eine Rolle. Sie nehmen sie wahr, koexistier­en mit ihr. Friedlich. „Im Sommer, wenn wir die Tür auf haben, riechen wir die Abgase. Jetzt im Winter ist es besser“, sagt Jasmin Vitz vom „LaKö Café“an der Ecke zum Fürstenwal­l. Von der Diskussion um Diesel-Fahrverbot­e hat sie gehört. „Aber wer soll das kontrollie­ren?“Mohamad Al-Sadi lebt seit drei Jahren an der Straße. Dass es eine Diskussion um Diesel-Fahrverbot­e gibt und dass seine Straße da exemplaris­ch immer wieder genannt wird, wusste der 76-Jährige gar nicht. Dass die Luft dreckig ist, spürt er jedoch: „Seit drei Monaten bekomme ich schlecht Luft“, sagt er. Ein DieselFahr­verbot, das auch die Corneliuss­traße trifft? Das könne vielleicht helfen, meint er. „Weniger Autos sind immer besser.“Ihr Rauschen würde auch dann nicht aufhören. Aber vielleicht leiser werden.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Etwa 46.000 Autos und Lkws passieren pro Tag die Corneliuss­straße. Dort wurden Spitzenbel­astungen bei den Stickoxide­n gemessen Der Jahresmitt­elwert liegt bei 58 Mikrogramm, maximal 40 Mikrogramm sind der erlaubte Höchstwert.
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RP-FOTOS: LAURA IHME René Feuerbach fordert mehr Messstelle­n in der Stadt.

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