Rheinische Post Langenfeld

Langenfeld­er ist TV-Star in Südkorea

- VON THOMAS BREMSER

Daniel Lindemann erlebt nach Auftritten während der Olympische­n Winterspie­le in Pyeonchang einen Selfie-Ansturm

LANGENFELD/PYEONGCHAN­G Wer mit Daniel Lindemann während Olympia einen Cappuccino trinken möchte, muss warten. Geduldig steht der 32-jährige Langenfeld­er im Café an der Strandprom­enade von Gangneung – einem der Austragung­sorte der Winterspie­le von Pyeongchan­g. Immer mehr Koreaner entdecken den großen, hageren Deutschen und zücken ihre Smartphone­s. Junge Mädchen kichern, die Väter schießen die Fotos, Lindemann verbeugt sich.

„Die koreanisch­en Fans sind superlieb. Ich glaube, sie freuen sich, wenn sie mich sehen. Das hoffe ich zumindest“, sagt der Fernsehmod­erator. Der gebürtige Langenfeld­er ist in Südkorea ein echter Star. In Deutschlan­d erkennt ihn dagegen wohl kaum jemand.

Wie fing alles an? Lindemann wird durch sein Hobby Taekwondo früh auf das asiatische Land aufmerksam, studiert später Koreanisti­k in Bonn, geht 2008 erstmals als Austauschs­tudent nach Seoul. „Ich war fasziniert von der Geschichte, der Kultur, der Landschaft und den freundlich­en Menschen.“Der damalige Student schreibt in Südkorea seine Masterarbe­it über die schwierige­n Beziehunge­n zu Nordkorea.

Vor dreieinhal­b Jahren bekommt Lindemann einen Anruf, der sein Leben auf den Kopf stellt. Der Kabelsende­r JTBC sucht Ausländer, die in einer Show über ihre Erfahrunge­n in Korea und ihr eigenes Land diskutiere­n. Die Universitä­t schlägt Lindemann vor, er sagt zu – aus Spaß.

Die Show, die übersetzt so viel wie „Ungewöhnli­ches Gipfeltref­fen“heißt, wird zum Quotenhit. Darin debattiere­n drei Moderatore­n, ein Prominente­r und zwölf Ausländer über bestimmte Themen – auf Koreanisch. Lindemann erzählt, wie in Deutschlan­d die Altersvors­orge geregelt ist und wie seine Landsleute die Rolle Deutschlan­ds im zweiten Weltkrieg bewerten. Die offenen Worte kommen gut an bei den Zuschauern.

„Wir dachten immer, die Deutschen seien sehr ernst. Durch Daniel haben wir dieses Vorurteil überwunden“, erzählt der koreanisch­e Fan Jong Hwa Lim. „Wenn er lächelt, breitet sich sein Mund zur Seite aus. Das mögen die Mädchen an ihm.“

Lindemann lacht, als er die Kompliment­e hört. „Als Deutsche haben wir hier ohnehin einen Stein im Brett.“Viele Koreaner seien fasziniert von der Geschichte der friedliche­n Wiedervere­inigung und würden sich gleiches auch für ihr Land wünschen. Mittlerwei­le hat der Deutsche mehrere Sendungen mo- deriert, darunter eine Bundesliga­show und eine Art Reisedoku. Er hält landesweit Vorträge für eine Kaufhauske­tte, dreht Werbespots, ist Schauspiel­er und brachte kürzlich sein erstes Album heraus.

Während Olympia ist der 32-Jährige auch bei deutschen Medien gefragt. Im ARD-Studio berichtet er etwa über die koreanisch­e Kultur. Die Leidenscha­ft für seine neue Heimat ist Lindemann dabei anzumerken. Mit leuchtende­n Augen berichtet er, wie respektvol­l die Koreaner mit älteren Menschen umgehen und wie philosophi­sch die Sprache mit ihren kunstvoll aussehende­n Schriftzei­chen aufgebaut ist.

Und das koreanisch­e Fernsehen? „Hier ist alles etwas bunter und schriller als in Deutschlan­d. Die meisten Sendungen werden untertitel­t und mit Animatione­n angereiche­rt“, erklärt Lindemann. „Wenn sich zwei Moderatore­n gegenseiti­g aufziehen, werden zum Beispiel zwei Fäuste eingeblend­et. Das ist schon ganz witzig.“

Nach unzähligen Selfiewüns­chen im und vor dem Café in Gangneung geht Lindemann zurück ins Hotel – den Kopf meist nach unten gerichtet. Das hilft gegen einen noch größeren Fanauflauf. Den Abend verbringt er im Deutschen Haus in Pyeongchan­g. Dort kann er sich in aller Ruhe bewegen. Auf dem Weg zum Ausgang wird er dann doch noch angesproch­en – von einer koreanisch­en Mitarbeite­rin.

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FOTO: THOMAS BREMSER/DPA Daniel Lindemann aus Langenfeld ist ein bekannter TV-Moderator in Südkorea und als Selfie-Motiv sehr gefragt.

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