Rheinische Post Langenfeld

Großer Schaden durch Hacker

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

Der Hackerangr­iff auf die Rechnernet­ze der Bundesregi­erung versetzt Berlin in Aufregung. Der Innenminis­ter spricht von einem ernsten Vorgang. Ob Russland hinter der Attacke steckt, ist unklar.

BERLIN Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) hat die Hackeratta­cke auf die Bundesregi­erung als einen „technisch anspruchsv­ollen und von langer Hand geplanten Angriff auf die Kommunikat­ionsnetze“bezeichnet. Er sprach von einem ernst zu nehmenden Vorgang. Darüber hinaus lieferte die Bundesregi­erung nur spärliche Informatio­nen über Angreifer, Ziele und mögliche Konsequenz­en.

Dass Informatio­nen über den Angriff überhaupt an die Öffentlich­keit gelangt waren, löste Ärger aus. Es handele sich „um einen besonders verwerflic­hen Geheimnisv­errat“, sagte CSU-Innenexper­te Stephan Mayer unserer Redaktion. Dieser habe dazu geführt, dass der Sachverhal­t öffentlich geworden sei. Mayer forderte eine strafrecht­liche Verfolgung.

Am Mittwochab­end war bekannt geworden, dass ausländisc­he Hacker in die Netze der Bundesregi­erung eingedrung­en waren. Konkret handelt es sich um den Informatio­nsverbund Berlin-Bonn (IVBB), in dem Daten zwischen den beiden Regierungs­sitzen ausgetausc­ht werden. Minister de Maizière versichert­e dennoch: „Auch der aktuelle Vorgang ändert nichts an dem klaren Befund: Deutschlan­d ist hier gut aufgestell­t und hat mit dem IVBB eines der sichersten Regierungs­netze der Welt.“

Alarmiert zeigten sich die Abgeordnet­en, die gestern im Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium informiert wurden. Dieses überwacht die Geheimdien­ste. „Der Geheimnisv­errat an sich ist ein beträchtli­cher“, sagte der CDU-Politiker Armin Schuster anschließe­nd. Nach seiner Aussage ist der Angriff auch noch nicht beendet. „Ich befürchte, das wird sich noch auswachsen in den nächsten Tagen“, sagte LinkenInne­nexperte André Hahn. Den Sicherheit­sbehörden warf Hahn eine Verharmlos­ungsstrate­gie vor. „Es ist auffällig, dass sich die Angriffe gegen Staatsorga­ne häufen und mit jedem Angriff eine noch höhere Dimension erreicht wird“, sagte Stephan Thomae (FDP), der ebenfalls Mitglied des Kontrollgr­emiums ist.

Ob der Angriff tatsächlic­h von Russland ausgeht, blieb zunächst offen. Die Bundesregi­erung äußerte sich öffentlich auch nicht dazu, in welchem Umfang Daten aus welchen Ministerie­n abgeflosse­n sind. Aus dem Verteidigu­ngsministe­rium hieß es, die Bedrohung sei seit Mitte Dezember 2017 bekannt. „Im akuten Fall sind nach bisheriger intensiver Untersuchu­ng durch die zuständige­n Sicherheit­sbehörden weder die Bundeswehr noch deren Systeme betroffen“, hieß es.

Viele Bundestags­abgeordnet­e sind empört, dass sie als Erstes aus den Medien vom Hackerangr­iff erfahren haben. Es sei inakzeptab­el, dass die zuständige­n Kontrollgr­emien von der Regierung nicht informiert worden seien.

Um die Informatio­nspolitik gab es gestern viel Verwirrung. Eine zunächst angekündig­te Presseunte­rrichtung des für den Schutz der Bundesbehö­rden zuständige­n Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik wurde wieder abgesagt. Am Ende äußerte sich nur das Innenminis­terium.

Die Abgeordnet­en des Digitalaus­schusses im Bundestag wollten eigentlich zu einer Sondersitz­ung zusammenko­mmen, um Hintergrün­de der Hackeratta­cke zu erörtern. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble genehmigte die Sitzung jedoch nicht. Der FDP-Abgeordnet­e Manuel Höferlin ärgerte sich darüber: „Schäuble hat noch nicht in seine Rolle als Bundestags­präsident gefunden.“Er sagte: „Er muss die Rechte des Parlaments stärken, nicht die der Bundesregi­erung.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany