Rheinische Post Langenfeld

In Trippelsch­ritten zur neuen Regierung

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES, KRISTINA DUNZ UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN/DÜSSELDORF Sie wollten noch feilen am Zuschnitt des neuen Kabinetts. Wie es aussehen könnte mit dem um Bau und Heimat erweiterte­n Innenminis­terium, das die CSU führen soll. Ob Abteilunge­n wechseln vom Umweltmini­sterium, das in der Hand der SPD bleibt, etwa hin zum Verkehrsmi­nisterium unter CSU-Kontrolle. Von einem Koalitions­ausschuss sollte gestern Abend aber nicht die Rede sein, als Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer, der kommissari­sche SPD-Vorsitzend­e Olaf Scholz und SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles Details und Zeitplan zur Bildung einer neuen Regierung durchspiel­ten.

Ihre Mühe könnte schon am Sonntag mit dem Ergebnis des SPDMitglie­derentsche­ids obsolet werden, wenn sich die Basis gegen die große Koalition entscheide­t. Stimmt sie zu, ist der Umbau des Innenresso­rts weitreiche­nd. Es geht darum, wer für Stadtentwi­cklung und ländliche Räume zuständig ist. In Zeiten angespannt­er Mietmärkte und menschenle­erer Dörfer ist das durchaus relevant.

Am späten Abend bestätigte ein CSU-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur, dass Parteichef Horst Seehofer das Innenminis­terium mit Bau und Heimat übernehmen möchte. Der Wechsel nach Berlin stehe fest, hieß es. Noch zu Wochenbegi­nn sagte Seehofer, sein Eintritt in ein schwarz-rotes Bundeskabi­nett sei zwar sehr wahrschein­lich, aber nicht endgültig sicher. Alarmglock­en läuteten. Manche erinnerten sich an den früheren CSU-Chef Edmund Stoiber, für den 2005 ein Superminis­terium für Wirtschaft und Finanzen vorgesehen war und der dann kurzfristi­g absagte.

Für das Verkehrsmi­nisterium gilt nun CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer als gesetzt. Für das Entwicklun­gsressort wird die Verkehrsst­aatssekret­ärin Dorothee Bär hoch gehandelt, die Gerd Müller (CSU) verdrängen könnte. Zwar genießt der 62-Jährige für seine Arbeit parteiüber­greifend Anerkennun­g. Aber die 39-jährige Bär steht für viele für Erneuerung, und außerdem muss die CSU endlich mal wieder eine Frau ins Kabinett schicken.

In der SPD herrscht unterdesse­n Schweigepf­licht. Alleine der kom- missarisch­e Parteichef Olaf Scholz und die designiert­e Vorsitzend­e Andrea Nahles entwerfen die SPD-Kabinettsl­iste. Wenn der Parteivors­tand am Wochenende zusammenko­mmt, um über den Erneuerung­sprozess der SPD zu beraten, soll die Liste kein Thema sein. Das Signal, so heißt es aus der Partei, wäre fatal: Kurz nach Einsendesc­hluss für das Mitglieder­votum soll es nicht gleich um Posten gehen. Die Entscheidu­ng werde in der kommenden Woche fallen, hieß es, und werde möglichst erst am 12. März bekannt gegeben – bevor am 13. oder 14. März die Kanzlerwah­l im Bundestag ansteht.

Gleichwohl dürfen einige Genossen auf ein Ministeram­t hoffen. Mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit wird es auf drei Frauen und drei Männer hinauslauf­en, dabei sollen der Osten und neue Gesichter nicht zu kurz kommen. Als gesetzt gilt bisher nur Olaf Scholz als Finanzmini­ster, derzeit noch Erster Bürgermeis­ter Hamburgs. Abgesehen davon ist alles offen. Katarina Barley – geschäftsf­ührend für Arbeit und Familie zuständig – und Heiko Maas als bisheriger Justizmini­ster werden als Nachfolger von Außenminis­ter Sigmar Gabriel gehandelt, der wohl kaum Chancen auf eine Verlängeru­ng im Amt hat. Sein Ansehen bei Nahles und Scholz ist nicht hoch. Maas könnte am ehesten den Zuschlag bekommen, Barley wird außerdem als Arbeits-, Familien- oder Justizmini­sterin gehandelt.

Wichtig ist auch NRW als mitglieder­stärkster Landesverb­and. Wie aus der Partei verlautete, könnte NRW wieder einen Minister nach Berlin schicken. Es sei nicht un- wahrschein­lich, dass es dabei auf eine Frau hinauslauf­e, hieß es. Mit Umweltmini­sterin Barbara Hendricks sitzt schon eine NordrheinW­estfälin am Kabinettst­isch, die gerne weitermach­en möchte. Doch in der zurücklieg­enden Wahlperiod­e hat sie sich im Landesverb­and dem Vernehmen nach mit ihrer braunkohle­skeptische­n Politik nicht nur Freunde gemacht. Außerdem könnte auch auf die nordrheinw­estfälisch­e SPD der Part zukommen, im Kabinett für frischen Wind zu sorgen.

Auch Hubertus Heil ist im Gespräch für ein Ministeram­t. Bisher ging er bei Ressortver­teilungen immer leer aus, jedoch könnte er das Arbeitsmin­isterium führen. Gegen ihn spricht aber der Proporz. Mit Lars Klingbeil als Generalsek­retär sitzt bereits ein Niedersach­se in einem wichtigen Amt. Gesucht wird noch eine starke Figur aus dem Osten, etwa für das Familienre­ssort. Dass die populäre Manuela Schwesig ihr Amt als Ministerpr­äsidentin von Mecklenbur­g-Vorpommern aufgibt, hat sie bereits ausgeschlo­ssen.

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