Rheinische Post Langenfeld

Nächster Abgang im Team Trump

- VON FRANK HERRMANN

Die Kommunikat­ionschefin und Vertraute des US-Präsidente­n, Hope Hicks, wirft überrasche­nd hin – aber warum?

WASHINGTON Im Orbit Donald Trumps gibt es zwei Kategorien von Beratern. Die einen gehören zur Familie und laufen damit keine Gefahr, bei einer Personalro­chade im Weißen Haus unter die Räder zu kommen. Die anderen haben eine solche Rückversic­herung nicht, weshalb sie im Grunde permanent auf dem Schleuders­tuhl sitzen. Hope Hicks (29), die scheidende Kommunikat­ionsdirekt­orin, gehörte so gut wie zur Familie, obwohl sie mit dem US-Präsidente­n nicht verwandt ist. Umso lauter dröhnte der Paukenschl­ag, als sie in der Nacht zum Donnerstag ihren Rücktritt ankündigte.

Die junge Frau aus Connecticu­t, ein Ex-Model, erledigte schon die Pressearbe­it des Kandidaten Trump, als keiner der Auguren dem Baulöwen eine echte Chance zubilligen wollte. Zuvor hatte sie für die Modemarke Ivanka Trumps, der ältesten Tochter des Unternehme­rs, gearbeitet. Es war ihr erster Job nach dem Studium, im New Yorker Trump Tower war man offenbar sehr zufrieden mit ihr.

Obwohl sie über keinerlei politische Erfahrung verfügte, bot ihr Donald Trump eine Stelle in seinem Wahlkampft­eam an. In einer Mannschaft, die im Vergleich zur Konkurrenz nicht zuletzt durch ihre bescheiden­e Größe auffiel. Die blutjunge Seiteneins­teigerin – auch sie war das Symbol einer Kampagne, die sich als Rebellion gegen den traditione­llen Politikbet­rieb verstand, als eine Runde von Amateuren, die es den Profis zeigen wollte.

Im September 2017 stieg sie zur Kommunikat­ionschefin der Regierungs­zentrale auf, binnen acht Monaten bereits die Nummer vier auf diesem Posten. Ihr schriller Vorgänger Anthony Scaramucci hatte nach gerade mal elf Tagen seinen Hut nehmen müssen – das Amt gilt als eines der schwierigs­ten überhaupt im Weißen Haus. Theoretisc­h haben Kommunikat­ionsdirekt­oren dafür zu sorgen, dass von dort eine einheitlic­he Botschaft kommt. Praktisch ist das nahezu unmöglich, wenn der Präsident seine PublicityA­bteilung durch spontan dahingesch­riebene Twitter-Zeilen täglich aufs Neue verwirrt, wenn sich Fraktionen in Machtkämpf­en aufreiben und Interna an die Medien durchstech­en, um sich selber ins rechte Licht zu rücken.

Das eigentlich Überrasche­nde an der Causa Hicks, sagen manche in Washington, ist die Tatsache, dass sie es so lange in der Schlangeng­rube aushielt. Ihr Büro grenzte direkt ans Oval Office. Wo andere das Scheinwerf­erlicht suchten, gab sie sich größte Mühe, es zu meiden. Hope Hicks, glauben Insider zu wissen, gehörte zu den Wenigen, die dem Staatschef unter vier Augen widersprec­hen konnten, ohne Gefahr zu laufen, später vor versammelt­er Mannschaft abgekanzel­t zu werden. Trump habe sie behandelt wie seine eigene Tochter, während er in Ivanka eher seine tatsächlic­he Ehefrau sah, schreibt der Journalist Michael Wolff in seinem Enthüllung­sbuch „Fire and Fury“. Kein Wunder, dass heftig spekuliert wird über die Gründe, die zu ihrem Abgang führten. Eine Version: Die 29-Jährige hielt seit geraumer Zeit Ausschau nach berufliche­n Alternativ­en in der Privatwirt­schaft, nicht auf dem Präsentier­teller eines Kabinetts. Nur glaubt das praktisch keiner. Näher liegt, dass sie gehen muss, weil sie bei einer brisanten Anhörung im Kongress die Wahrheit sagte.

Ja, ihr Job habe sie gelegentli­ch zu Notlügen gezwungen, räumte sie während eines achtstündi­gen Sitzungsma­rathons im Geheimdien­stausschus­s des Repräsenta­ntenhauses ein. Es war ein Moment seltener Aufrichtig­keit, dessen Folgen David Remnick, Chefredakt­eur der Zeitschrif­t „New Yorker“, kommentier­t: „Im moralische­n Universum Trumps konnte nicht das Lügen die Sünde sein, sondern allein das Eingeständ­nis der Lüge.“Hicks, dies scheint der Hintergrun­d für den Satz mit den Notlügen zu sein, lieferte die Textvorlag­e, als der Präsident eine heikle Begegnung zu einer Belanglosi­gkeit herunterzu­spielen versuchte. Eine Begegnung, die Robert Mueller, der Sonderermi­ttler der Russlandaf­färe, noch einmal genau unter die Lupe nimmt.

Im Juni 2016 empfing Trumps ältester Sohn, Donald jr., die russische Anwältin Natalja Weselnizka­ja, nachdem die ihm über Mittelsmän­ner belastende Informatio­nen über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Hope Hicks, die Vertraute der ersten Stunde, musste mitfeilen an einer Erklärung, die daraus im Nachhinein ein Gespräch über die Adoption russischer Kinder machte.

Das Überrasche­nde ist, dass sie es so lange in der Schlangeng­rube

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FOTO: REUTERS Hope Hicks verlässt am Mittwochab­end das Capitol in Washington.

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