Rheinische Post Langenfeld

Hollywood feiert mit Oscars die Vielfalt der USA

- VON DOROTHEE KRINGS

Ein Mexikaner ist größter Favorit, eine Frau könnte den Regie-Preis gewinnen. Sonntag ist Oscar-Nacht.

DÜSSELDORF Sie ist so einsam, die junge Putzkraft Elisa, die nur mit den Händen sprechen kann und sich abgefunden hat mit dem Leben als Beobachter­in der anderen. In seinem schwermüti­gen Märchen „Shape of Water“erzählt Guillermo del Toro, wie diese Frau zur Gefährtin eines fremden Wasserwese­ns wird. Und wie die beiden Außenseite­r in einer widrigen Welt Menschlich­keit bewahren. Damit hat der aus Mexiko stammende Filmemache­r dem Kino etwas zurückgege­ben, das in der Blockbuste­r-Maschineri­e verloren zu gehen schien: seelenvoll­es Erzählen. Und so geht „Shape of Water“mit 13 Nominierun­gen am Sonntag als großer Favorit ins Oscar-Rennen.

Bereits 2014 und 2016 hatten mexikanisc­he Filmemache­r die höchste Auszeichnu­ng der Filmbranch­e in der Kategorie Regie gewonnen. Als Einwandere­r, die gerade in den USA unter Trump wenig Wertschätz­ung erfahren, teilen sie die Erfahrung des Außenseite­rdaseins. Wozu der Mensch fähig ist, setzen sie schonungsl­os in Szene, beschwören aber ebenso intensiv, welche Kräfte die Machtlosen entwickeln können. Hollywood ist mit dieser Generation tatsächlic­h wieder zur Traumfabri­k geworden, ganz ohne Eskapismus. Mit jedem Oscar für Del Toro würde die liberale Filmszene der USA ein goldenes Zeichen gegen die Ausgrenzun­gs-Strategien ihres Präsidente­n setzen.

Nachdem schon die Golden-Globe-Verleihung im Zeichen von MeToo eine höchst politische Veranstalt­ung gewesen ist, dürfte auch die Oscar-Nacht der Selbstverg­ewisserung des liberalen Amerika dienen. Veteraninn­en sind dabei wie Meryl Streep, die zum 21. Mal nominiert ist. Diesmal für ihre Rolle als Herausgebe­rin im Journalist­endrama „Die Verlegerin“. Aber auch die nächste Generation von Filmkünstl­erinnen ist vertreten: Greta Gerwig könnte für ihre Mutter-TochterGes­chichte „Lady Bird“als zweite Frau überhaupt den RegieOscar bekommen. Außerdem ist mit Rachel Morrison erstmals eine Frau für die beste Kamera nominiert und Dee Rees als erste schwarze Frau in der Kategorie „Adaptierte­s Drehbuch“.

2016 hatte sich die Oscar-Academy noch mit dem Vorwurf auseinande­rsetzen müssen, sie favori- siere weiße Künstler. Daraufhin wurden zahlreiche neue Mitglieder in das internatio­nale Gremium berufen, darunter Künstler unterschie­dlicher Ethnien und zahlreiche Frauen. So wollten die OscarVeran­stalter mehr Vielfalt garantiere­n, und das scheint auch zu funktionie­ren. Auf einmal kommen Filmemache­r zum Zug wie Jordan Peele. Der 39-jährige Afroamerik­aner ist gleich in drei Sparten nominiert – und das für sein Regiedebüt, den Gruselfilm „Get Out“.

Auch in den Genres, die für den besten Film nominiert sind, zeichnet sich mehr Vielfalt ab. Das Feld reicht vom Kriegsfilm „Dunkirk“über das Churchill-Biopic „Die dunkelste Stunde“, das rebellisch­e Sozialdram­a „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“bis zur schwulen Liebesgesc­hichte „Call Me by Your Name“oder dem eleganten psychologi­schen Drama „Der seidene Faden“, in dem Daniel Day-Lewis seinen letzten großen Auftritt hat.

Er gehörte zu den Favoriten bei den besten Hauptdarst­ellern an der Seite von Gary Oldman, Denzel Washington, Timothée Chalamet, Daniel Kaluuya. Bei den Frauen konkurrier­en Sally Hawkins, Frances McDormand, Margot Robbie, Saoirse Ronan und Meryl Streep.

Trotz der gewaltigen Panne durch einen vertauscht­en Umschlag bei der vergangene­n OscarNacht wird erneut Jimmy Kimmel durch den Abend führen. Diesmal passen drei Mitarbeite­r hinter der Bühne auf, dass die korrekten Namen verlesen werden. Ob es auch die richtigen Preisträge­r sein werden, entscheide­t jeder Filmfan für sich.

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FOTO: IMAGO Michael Wolff.
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FOTO: DPA Greta Gerwig könnte als zweite Frau überhaupt einen RegieOscar gewinnen.

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