Rheinische Post Langenfeld

Studie: Soziale Medien machen Jugendlich­e süchtig

- VON MARLEN KESS

12- bis 17-Jährige in Deutschlan­d verbringen täglich im Schnitt rund zweieinhal­b Stunden in sozialen Netzwerken.

BERLIN Chatten, posten, liken – und das von früh bis spät: In Deutschlan­d sind rund 100.000 Jugendlich­e zwischen zwölf und 17 Jahren süchtig nach sozialen Medien. Das geht aus einer gestern veröffentl­ichten Studie der Krankenkas­se DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfrage­n am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf hervor. 1001 Jugendlich­e wurden dafür repräsenta­tiv befragt. Rund zweieinhal­b Stunden verbringen sie durchschni­ttlich pro Tag in den sozialen Medien. „Jugendlich­e sind gefährdet, wenn die Balance zwischen Online und Offline nicht mehr gegeben ist“, warnt die Bundesdrog­enbeauftra­gte Marlene Mortler.

Die Folgen der intensiven Nutzung sind gesundheit­liche und soziale Probleme: Schlafmang­el, Probleme in der Schule, Streit mit den Eltern, Abkapselun­g von realen Freunden. Diese treten nicht nur bei abhängigen Jugendlich­en auf. So nutzt jeder dritte Befragte soziale Medien, um nicht an unangenehm­e Dinge denken zu müssen. Bei den Mädchen, die ohnehin mehr in den sozialen Medien unterwegs sind, sind es knapp 40 Prozent. Rund ein Viertel der Befragten gab an, wegen sozialer Medien zu wenig zu schlafen. 13 Prozent sind sogar unglücklic­h, wenn sie sie nicht nutzen können.

Beliebt ist laut der Studie vor allem der Messenger Whatsapp, danach folgen Instagram, Snapchat und Facebook. 2,6 Prozent der Befragten zeigten ein deutliches Abhängigke­itsverhalt­en mit Kontrollve­rlust und Entzugsers­cheinungen bei Nicht-Nutzung. „Je länger die Jugendlich­en online sind, desto hö- her ist das Suchtrisik­o“, sagt Rainer Thomasius, Leiter des Hamburger Zentrums.

Als besonders alarmieren­d bewerten die Experten den Zusammenha­ng zwischen Depression­en und Social Media-Abhängigke­it. Jeder dritte süchtige Jugendlich­e zeige depressive Symptome. „Depressive Jugendlich­e kompensier­en in Social Media und Computersp­ielen“, erklärt Thomasius, „zugleich verstärken die Isolations­tendenzen der Sucht die Depression.“

Vor allem Eltern müssten gegenarbei­ten. In der Familie sollten Soci- al-Media-freie Zeiten für alle gelten, dazu müssten Eltern als Vorbilder auch mal selbst aufs Smartphone verzichten. Zudem müsste es an den Schulen bessere Medienerzi­ehung geben. „Was bringt es, wenn alle Tablets haben, aber keiner damit umgehen kann?“, so Mortler.

Zugleich mahnten die Experten, soziale Medien nicht zu verteufeln. Diese gehörten zum Alltag dazu – über einen gesunden Umgang müsse aber debattiert werden. DAK-Vorstandsc­hef Andreas Storm: „Das soziale Leben darf nicht überwiegen­d im digitalen Raum stattfinde­n.“

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