Rheinische Post Langenfeld

Spotify geht an die Börse

- VON ANDRÉ ANWAR UND MAXIMILIAN KRONE

Der schwedisch­e Musik-Streaming-Dienst hat Millionen Nutzer, machte im vergangene­n Jahr aber Milliarden-Verluste. Trotzdem will das Unternehme­n nun an die Börse. Vor nicht mal einem Jahr klang das noch ganz anders.

STOCKHOLM/DÜSSELDORF Dass Spotify an die Börse geht, „ist völlig aus der Luft gegriffen“, sagte SpotifyMit­gründer Martin Lorentzon noch im Juni 2017 zu entspreche­nden Mediengerü­chten. Nun, neun Monate später, die Kehrtwende. Der weltgrößte Musik-StreamingD­ienst aus Schweden hat den Gang an die New Yorker Börse beantragt. Wann die Spotify-Aktien auf den Markt kommen, ist jedoch noch unklar. Das „Wall Street Journal“rechnet mit Ende diesen Monats. Investoren hoffen nun auf eine ähnlich rasante Erfolgsges­chichte wie beim Börsengang vom Video-StreamingD­ienst Netflix.

Bis dahin bleiben aber einige große Fragezeich­en. Spotify hat mit einer Direktnoti­erung einen ungewöhnli­chen Weg an die Börse gewählt. Statt Banken damit zu beauftrage­n, schon vorab Käufer zu finden und so einen Marktpreis vorzu- bereiten, bietet Spotify die Aktien direkt an. Weil Bankgebühr­en wegfallen, ist das billiger. Der Ausgabepre­is der Aktie bleibt aber unklar.

Geplant ist, dass Spotify nur bereits bestehende Firmenante­ile verkauft. Die Ausgabe von brandneuen Aktien ist zunächst nicht vorgesehen. Im Börsenantr­ag schreibt Spotify, dass die Aktien vom 1. Januar bis 22. Februar außerhalb der Börse zwischen 90 und 132,50 Dollar pro Stück verkauft wurden. Damit würde Spotify einen Börsenwert zwischen 15,9 und 23,4 Milliarden Dollar erreichen.

Je nach Kaufverhal­ten könnte der Aktienkurs am ersten Verkaufsta­g aber auch viel höher oder niedriger ausfallen. Das hängt auch davon ab, wie viele Aktien die bisherigen Eigentümer zum Verkauf anbieten wollen. Gründer Daniel Ek hielt am 22. Februar 23,8 Prozent, Mitgründer Lorentzon 12,4 Prozent. Von den drei großen Musikfirme­n hält Sony Music den größten Anteil mit 5,4 Prozent an Spotify.

Das Risiko für Anleger ist schwer abzuschätz­en. Denn der Dienst ist zwar Marktführe­r, aber derzeit noch stark defizitär. Spotify kommt nach eigenen Angaben zwar auf insgesamt mehr als 140 Millionen Nutzer im Monat, von denen rund die Hälfte jedoch eine Gratisvers­ion mit Werbung nutzen. Das könnte für Spotify zum Problem werden. Denn der Dienst kommt trotz zweistelli­ger Wachstumsr­aten seit Jahren nicht aus den roten Zahlen. Allein im vergangene­n Jahr betrug der Gesamtverl­ust mehr als eine Milliarde Euro. Hinter dem Börsengang dürfte somit vor allem das Ziel stehen, das eigene Überleben zu sichern.

Denn das Problem bei der Plattform-Ökonomie ist, dass die großen Gewinne erst dann sprudeln, wenn man ein Quasi-Monopol errichtet hat – so wie Facebook beispielsw­eise bei den Sozialen Netzwerken. Der 2006 gegründete Streaming-Dienst hat jedoch mit Apple Music, Google Play und ähnlichen Anbietern harte und finanzkräf­tige Konkurrenz.

Branchenpi­onier Spotify war mit 71 Millionen zahlenden Kunden Ende 2017 zwar der größte Streaming-Anbieter der Welt. Doch Apple Music kommt bereits auf 36 Millionen Abonnenten und erreichte damit in nur drei Jahren 50 Prozent des Kundenstam­ms, den Spotify mühsam in zehn Jahren aufbaute.

Der Streaming-Dienst könnte mit dem Börsengang somit versuchen, über einen hohen Aktienkurs an frisches Geld kommen, um das Wachstum weiter zu beschleuni­gen.

Denn die Anbieter konkurrier­en auf einem der am schnellste­n wachsenden Märkte. Allein in Deutschlan­d wurden 2017 laut Bundesverb­and der Musikindus­trie rund 550 Millionen Euro durch MusikStrea­ming umgesetzt. Ein Plus von 42,8 Prozent zum Vorjahr.

Trotzdem rechnen Branchen-Experten damit, dass langfristi­g die Preise für ein Spotify-Abo steigen müssen, will man schwarze Zahlen schreiben – worauf künftige Aktionäre Wert legen dürften.

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