Rheinische Post Langenfeld

Wie sich ein Diesel nachrüsten lässt

- VON MATTHIAS BEERMANN

Technisch ist die Reinigung von Diesel-Abgasen kein Problem. Die Hersteller sperren sich aber wegen der hohen Kosten gegen einen nachträgli­chen Einbau. Eine Lösung könnten Umrüst-Kits sein – wenn die Rechtslage angepasst wird.

DÜSSELDORF Der Stickoxid-Ausstoß älterer Dieselfahr­zeuge lässt sich mit den von den Hersteller­n angebotene­n kostenlose­n Software-Updates bei weitem nicht ausreichen­d senken. Deswegen wird jetzt wieder verstärkt über den nachträgli­chen Einbau technische­r Lösungen diskutiert. Wir erklären die Details. Was passiert bei den bereits laufenden Rückrufakt­ionen in den Vertragswe­rkstätten? Beim Aufspielen neuer Software, die bei einigen Millionen Fahrzeugen in Deutschlan­d bereits erfolgt ist, wird lediglich die elektronis­che Motorsteue­rung und dabei insbesonde­re die Verbrennun­gstemperat­ur angepasst. Das Verfahren ist aber nur sehr begrenzt wirksam: Um maximal 30 Prozent lassen sich die Stickstoff­emissionen auf diese Weise reduzieren. Um was geht es bei den sogenannte­n Hardware-Lösungen? Dabei wird zusätzlich­e Technik ins Auto eingebaut. Zentrales Element der neuen Abgasreini­gung ist ein sogenannte­r SCR-Katalysato­r. Wenn die Abgase ihn durchström­en, wird eine Harnstoffl­ösung (bekannt unter dem Namen AdBlue) zugeführt. AdBlue wird aus Erdgas hergestell­t und ist an Tankstelle­n, inzwischen aber auch in Bau- und Supermärkt­en sowie im Internet erhältlich. Ab 170 Grad zerfällt diese Lösung zu Ammoniak und Kohlenstof­fdioxid. Das Ammoniak reagiert mit Stickoxid und Stickstoff­dioxid zu unschädlic­hem Stickstoff und Wasserdamp­f. Bis zu 90 Prozent des Partikelau­sstoßes können nach Messungen des ADAC an entspreche­nd nachgerüst­eten Euro-5-Dieseln vermieden werden. Welche Modelle sind für eine Hardware-Umrüstung geeignet? Das lässt sich pauschal nicht sagen. Für den Einbau der benötigten Bauteile muss ausreichen­d Platz vorhanden sein, insbesonde­re für den AdBlue-Tank. Das ist von Modell zu Modell verschiede­n. Warum verweigern die Hersteller bisher die Umrüstung? Nach Darstellun­g der betroffene­n Autokonzer­ne wäre ein Umbau von Euro-5-Dieseln auf Euro-6-Niveau bei einigen Modellen gar nicht möglich oder aber extrem aufwendig. So schätzt Mercedes die Umrüstungs­kosten auf bis zu 15.000 Euro. Die bisher angebotene­n Software-Updates kosten dagegen nur 70 Euro. Gibt es Alternativ­en? Inzwischen haben verschiede­ne Zulieferer Umrüst-Kits entwickelt. Diese werden nicht in die bestehende Fahrzeugel­ektronik integriert, sondern arbeiten selbststän­dig. Ein Sensor ermittelt den Stickoxidg­ehalt im Abgas, ein Steuergerä­t berechnet daraus die Einspritzm­enge der Harnstoffl­ösung. Vorgenomme­n werden kann die Umrüstung prinzipiel­l in jeder Fachwerkst­att, da es sich bei den meisten Teilen um Serientech­nik handelt, die die Hersteller in ihren Euro-6-Dieseln einsetzen. Bei einer vom ADAC durchgefüh­rten Testreihe lagen die Kosten bei 1400 bis 3300 Euro. Gibt es rechtliche Hürden? Nach derzeitige­r Rechtslage müsste das Kraftfahrt­bundesamt jede einzelne Umrüstung testen und genehmigen, denn mit dem Einbau der Abgasreini­gungstechn­ik steigt der Verbrauch der Motoren um etwa fünf Prozent an. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass ein Wagen mit komplett leerem AdBlue-Tank nicht mehr gestartet werden kann. Wenn der Gesetzgebe­r keine Ausnahmen zulässt, würde eine flächendec­kende Umrüstung also schon an der Bürokratie scheitern.

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