Rathaus-Mitarbeiter betrügt 20 Jahre lang
1,9 Millionen Euro Schaden: Fachmann im Langenfelder Gebäudemanagement zweigte mit Scheinfirmen Geld ab.
LANGENFELD Der in der Stadtverwaltung letzte Woche aufgeflogene Betrüger hat offenbar fast 20 Jahre lang Geld für sich abgezweigt, ohne dass es jemand im Rathaus bemerkt hat. Laut Staatsanwältin Hilal Tanrisever soll der Mitarbeiter des städtischen Gebäudemanagements bei der Vergabe von Instandhaltungsarbeiten mit fingierten Rechnungen 1,9 Millionen Euro aus dem Langenfelder Stadtsäckel veruntreut haben. Wie Bürgermeister Frank Schneider gestern einräumte, nutz- te der letzte Woche gefeuerte Mitarbeiter mit krimineller Energie Schwachstellen im Kontrollsystem des Rathauses aus.
Die Machenschaften des nach Schneiders Worten bislang als „sehr engagiert, anerkannt und kompetent“eingeschätzten Mitarbeiters sollen bei internen Routineüberprüfungen ans Licht gekommen sein. Der geständige Mann habe als Einzeltäter Rechnungen mit den Briefköpfen mehrerer nicht existierender Unternehmen über nicht erbrachte Leistungen erstellt. „Die einzelnen Rechnungsbeträge im zu- meist dreistelligen bis kleinen vierstelligen Bereich wurden dabei auf Konten der Scheinfirmen überwiesen“, so Schneider.
Doch wie konnte dies über fast zwei Jahrzehnte unbemerkt geschehen? Der Betrüger soll laut Schneider die Regelung ausgenutzt haben, dass er kleinere Handwerksarbeiten ohne aufwändiges Verfahren frei vergeben konnte. Bis Mitte letzten Jahres lag diese Kostengrenze bei 3000 Euro, seither ist sie auf 1200 Euro festgelegt. Sei beispielsweise eine beschädigte Tür in einer Schultoilette zu ersetzen, würde bei Mate-
Der Schaden fürs Langenfelder Rathaus ist beträchtlich. Zu der ergaunerten Gesamtsumme von 1,9 Millionen Euro kommt ein Imageschaden hinzu. Wie kann es sein, dass jemand 20 Jahre lang unbehelligt Geld aus dem Stadtsäckel für sich abzweigt, ohne dass es jemand – bis letzte Woche – merkt? Dem bösen Erwachen folgen in der Stadtverwaltung nun erste Korrekturen im Kontrollsystem, das in diesem dreisten Betrugsfall vollkommen versagt hat. Bürgermeister Frank Schneider ordnete bereits an, dass die Dokumentationspflicht rialkosten von etwa 300 Euro und 150 Euro Reparaturkosten eine formelle Vergabe den Gesamtbetrag in die Höhe treiben. „Außerdem würde es leicht mehrere Wochen dauern, bis die Tür repariert werden kann.“Und Firmen hätten kaum Interesse, wenn deren bürokratischer Aufwand „die Auftragssumme fast erreichen und den Gewinn sogar überschreiten würde“.
Weil es nach solchen Kleinaufträgen auch keine Bauabnahme gibt, blieben die Betrügereien des Mitarbeiters über fast 20 Jahre unentdeckt. Bei der genannten Vergabe verbessert und auch bei Kleinaufträgen die Plausibilitätsprüfung der Firmendaten mit dem Buchungssystem der Stadtkasse verknüpft werden muss. Auch soll es mehr Stichprobenkontrollen geben und sollen Zuständigkeiten innerhalb des Gebäudemanagements immer wieder wechseln, wenn es fachlich sinnvoll ist. Allerdings gehört zu wirkungsvoller Verwaltungsarbeit auch Vertrauen in die Kollegenschaft. Daran ändert der Betrug eines – nach jetzigem Stand – Einzeltäters nichts.
stephan.meisel@rheinischepost.de von Kleinaufträgen bedarf es nach Schneiders Worten „eines erheblichen Vertrauensvorschusses“, doch gebe es auch bei diesen Verfahren eindeutige Regeln und Kontrollmechanismen. „Dazu gehören Stichprobenkontrollen, Vier-AugenPrinzip bei der Unterzeichnung der Auszahlungsanordnungen sowie ein elektronisches Firmenverzeichnis geprüfter Vertragspartner.“
Und wie kommt es, dass diese Kontrollmechanismen nicht funktionierten? Der Betrüger habe sie, so Schneider, aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit gekannt, sie umgangen und das Vertrauen seiner Vorgesetzten und Kollegen missbraucht. Er habe anfangs offenbar Scheinrechnungen mit dem Briefkopf einer einzigen Firma erstellt; im Laufe der Zeit kamen zwei weitere Scheinfirmen hinzu. Bei der betrügerischen Abrechnung habe er auf plausible Kleinaufträge geachtet. Laut Schneider bestehe zudem noch der Verdacht, dass der Mann das VierAugen-Prinzip durch gefälschte Unterschriften umgangen habe.
Stadtverwaltung und Stadtentwicklungsgesellschaft sei ein Schaden von rund 1,9 Millionen Euro entstanden. Schneider zufolge wird versucht, möglichst viel davon zurück zu bekommen. Zudem würden Kontrollmechanismen nun verstärkt, etwa durch eine Rotation von Mitarbeitern und Zuständigkeiten.
Imageschaden kommt hinzu