Rheinische Post Langenfeld

So funktionie­rt die Rettungsga­sse

- VON NICOLE ESCH

Einsatzkrä­fte beklagen, dass ihnen auf der Straße immer seltener Platz gemacht wird – Tipps, wie es klappt.

REGION DÜSSELDORF Polizei und Feuerwehr sind täglich unterwegs. Oft geht es dabei um wichtige Rettungsei­nsätze, bei denen jede Sekunde zählt. Die Rettungskr­äfte haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass eine freie Bahn, auch beim Einsatz von Blaulicht und Martinshor­n, alles andere als eine Selbstvers­tändlichke­it ist. „Das Bilden einer Rettungsga­sse funktionie­rt meist nicht. Oder die Verkehrste­ilnehmer beginnen erst, wenn die Feuerwehr schon da ist“, so Frank Kubicki, Leiter der Verkehrsdi­rektion im Polizeiprä­sidium Düsseldorf. Polizei und Feuerwehr haben gemeinsam die Aktion „Leben retten – Rettungsga­sse bilden!“ins Leben gerufen, um die Bürger über richtiges Verhalten im Verkehr zu informiere­n. Das Problem Auch wenn jeder Fahrschüle­r lernt, wie er sich während eines Rettungsei­nsatzes zu verhalten hat, geht das Wissen im Laufe der Jahre meist verloren. Viele sind unsicher und wissen nicht, wie sie reagieren sollen und was erlaubt ist oder nicht. Oder aber sie reagieren einfach zu spät. Zusätzlich fehlt bei vielen Menschen der Respekt gegenüber Rettungskr­äften, Pöbeleien und Missachtun­g sind an der Tagesordnu­ng. Die Konsequenz­en Bei den Einsätzen der Rettungsma­nnschaften geht es oft um Menschenle­ben. Sind Blaulicht und Martinshor­n eingeschal­tet, geht es um jede Sekunde. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand beispielsw­eise sinkt die Überlebens­chance des Patienten mit jeder verstriche­nen Minute um zehn Pro- zent. Auch bei Brandeinsä­tzen ist Eile geboten. Schon eine zweiminüti­ge Verspätung kann dazu führen, dass eine Wohnung komplett in Flammen steht. Die Löscharbei­ten erschweren sich und Menschenle­ben sind in Gefahr. Allgemeine Tipps Die Grundvorau­ssetzung für den Straßenver­kehr ist die volle Aufmerksam­keit der Verkehrste­ilnehmer. Wer sich nicht ablenken lässt, Abstand hält und vorausscha­uend fährt, kann besser reagieren. Gerade in Wohngebiet­en behindern falsch geparkte Autos häufig die Rettungsei­nsätze. Parker sollten bedenken, dass die Feuerwehr eine Durchfahrt­sbreite von drei Metern braucht. In Kurven sind es sogar fünf Meter, die die großen Wagen zum Rangieren brauchen. Jedem sollte bewusst sein, dass er selber einmal in die Lage kommen könnte, schnelle Hilfe zu brauchen. Das richtige Verhalten auf der Autobahn Schon bei stockendem Verkehr (rund 50 km/h) sollte an die Bildung einer Rettungsga­sse gedacht werden. Was nur nach einem Stau aussieht, kann auch immer ein Verkehrsun­fall sein. Zur Veranschau­lichung der richtigen Gassenbild­ung hilft die „Rechte-Hand-Regel“. Fahrzeuge auf der Spur ganz links (der Daumen) halten sich am linken Rand. Die Wagen auf allen anderen Spuren (die restlichen Finger) halten sich rechts. Auch der Standstrei­fen darf bei der Bildung einer Rettungsga­sse genutzt werden. Die Fahrer sollen auf einer Spur bleiben und mindestens eine Fahrzeuglä­nge Abstand zum Vordermann halten, damit es noch Aus- weichmögli­chkeiten gibt. Die entstanden­e Gasse muss so breit sein, dass auch große Rettungswa­gen durchkomme­n. Ziel der Rettungskr­äfte ist es, nicht nur Menschenle­ben zu retten, sondern auch die Autobahn möglichst schnell wieder frei zu bekommen, da Staus neue Unfälle verursache­n können. Wichtig ist es auch, die Rettungsga­sse nicht sofort wieder zu schließen, denn es könnten noch weitere Einsatzfah­rzeuge angeforder­t werden. In der Stadt Für die Stadt gibt es keine Patentrege­l, um eine freie Bahn zu schaffen. Dort sollten die Fahrer mit Besonnenhe­it die Situation analysiere­n. Wichtig ist es, bei blauem Blinklicht und Einsatzhor­n die Umgebung zu beobachten, denn die Fahrzeuge könnten aus allen Richtungen kommen. Gibt es geeignete Lücken, sollte die Straße freigeräum­t werden. Geht das nicht, sollte man nicht in Panik verfallen und bremsen, sondern vor den Einsatzwag­en herfahren, bis es eine Möglichkei­t gibt, Platz zu machen. Unnötige Bremsmanöv­er kosten die Rettungskr­äfte Zeit. Kreuzungen sind freizuhalt­en. Gerade wartende Autos an roten Ampeln bereiten Probleme. Gibt es keinen Platz, um auszuweich­en, ist es erlaubt, vorsichtig die rote Ampel zu überfahren. Auch Stoppschil­der und durchgezog­ene Linien dürfen mit Umsicht überfahren und Sperrzonen oder Gehwege befahren werden. Sollte ein Verkehrste­ilnehmer geblitzt werden, ist es empfehlens­wert, Datum, Uhrzeit und Art des Einsatzfah­rzeuges zu notieren, um Einspruch gegen den Bußgeldbes­cheid einlegen zu können. Bußgelder Am 19. Oktober 2017 wurden die Bußgelder vom Gesetzgebe­r drastisch erhöht. Statt mit 20 Euro müssen Verkehrste­ilnehmer, die bei stockendem Verkehr auf der Autobahn keine Rettungsga­sse bilden, jetzt mit mindestens 200 Euro und zwei Punkten rechnen. Werden die Rettungsfa­hrzeuge dabei behindert, sind es 240 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Bei Gefährdung anderer erhöht sich die Strafe auf 280 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Verursacht ein Fahrer dabei einen Verkehrsun­fall mit Sachschade­n, wird er mit 320 Euro, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot zur Kasse gebeten. Die gleichen Beträge fallen in der Stadt an, wenn ein Einsatzfah­rzeug mit eingeschal­tetem blauen Blinklicht und Martinshor­n behindert wird. Streifenwa­gen sind mit Kameras ausgestatt­et. So haben sie die Möglichkei­t, Gefährder aufzunehme­n und nachträgli­ch zu sanktionie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany