Rheinische Post Langenfeld

INTERVIEW ANNE GRAW-LIPFERT „Krebs bedeutet Chaos im Kopf“

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Langenfeld­erin bietet Krebspatie­nten gratis und ehrenamtli­ch Entspannun­gskurse an. Sie selbst hat Brustkrebs überwunden.

LANGENFELD Die ehemalige Stadtmuseu­ms- und Archivleit­erin Anne Graw-Lipfert (67) weiß als Betroffene, wie wichtig Entspannun­gsübungen für Krebspatie­nten sind. Nach einer gerade mit Diplom abgeschlos­senen Fortbildun­g zur Entspannun­gspädagogi­n bietet sie ab 20. März gratis Kurse für Langenfeld­er Krebspatie­nten an. Hierüber informiert sie am Dienstag, 6. März, ab 17.30 Uhr, im CBTHaus, Eichenfeld­straße 21.

Anne Graw-Lipfert Frau Graw-Lipfert, Sie hatten nach der Diagnose Ihrer eigenen Brustkrebs­erkrankung 2006 in Langenfeld eine Selbsthilf­egruppe gegründet, jetzt starten Sie ein neues Hilfsangeb­ot. Was haben Sie vor? GRAW-LIPFERT Die Diagnose Krebs stellt das Leben der meisten Menschen erst einmal auf den Kopf. Nichts ist so, wie es eben noch war. Der Körper wird behandelt, aber was ist mit dem Chaos im Kopf? Viele Patienten haben Ängste und das tiefe Bedürfnis nach Ruhe, mal nicht an die Krankheit denken zu müssen. Hier will ich mit zwei Entspannun­gskursen helfen, die ich ehrenamtli­ch und gratis Langenfeld­er Krebspatie­nten anbiete. Wie haben Sie sich dafür qualifizie­rt? GRAW-LIPFERT Ich habe mich zur Entspannun­gspädagogi­n ausbilden lassen, die Prüfungen im Februar erfolgreic­h abgelegt und ein Diplom erhalten. Die gesetzlich­e Krankenver­sicherung hat diese Ausbildung gefördert und mein Vorhaben, Krebspatie­nten Entspannun­g anzubieten, damit als sehr gute Prävention gewürdigt. Die Wissenscha­ft hat längst erkannt, wie hilfreich hier Achtsamkei­tstraining und entspannen­de Übungen sind. Sie sind zentrale Säule der Integrativ­en Onkologie und in der Stressfors­chung das große Thema. Nicht nur bei Krebspatie­nten, sondern generell etwa im Beruf gilt: Stress als solches ist nicht unbedingt schlimm, aber man muss regelmäßig für Entspannun­g sorgen. Was für Kurse bieten Sie an und wie viele Menschen können teilnehmen? GRAW-LIPFERT Mehr als 18 Krebspatie­nten sollen es pro Gruppe nicht sein. Mein Angebot ist offen für alle – unabhängig vom Stand der Therapie. Es stehen zwei Kurse mit jeweils sechs Treffen à 90 Minuten an, immer dienstags und freitags ab 13 Uhr. Ich starte vom 20. März bis 10. April mit Autogenem Training. Danach folgt vom 13. April bis 4. Mai Progressiv­e Muskel- entspannun­g nach Jacobson, bei der auch skeptisch eingestell­te Teilnehmer schnell die Wirkung spüren. Manche Krebspatie­nten haben diese Methoden in ihrer Reha schon kennen gelernt. Für sie ist das eine gute Auffrischu­ng, so dass sie sich erinnern, wie sie regelmäßig zur Ruhe kommen können. Zum Abschluss gibt es jeweils noch etwas

Musik. Und wo bieten Sie diese Kurse an? GRAW-LIPFERT In der Praxis Physio&Fitness an der Schulstraß­e 1. Die Inhaberin Sonja GiesbersJo­nen stellt mir dankenswer­ter Weise dafür Räume unentgeltl­ich zur Verfügung, weil sie dieses An

gebot für Krebspatie­nten mit unterstütz­en möchte. Ich mache das wirklich rein ehrenamtli­ch für die von Krebs betroffene­n Langenfeld­er und möchte keinem profession­ellen Anbieter Konkurrenz machen. Wenden Sie eigentlich selber für sich Autogenes Training und Progressiv­e Muskelents­pannung an? GRAW-LIPFERT Ja, täglich. Es ist 13 Jahre her, dass bei mir Brustkrebs festgestel­lt wurde und nach der Behandlung erkrankte ich noch ein zweites Mal. Aber ich habe alles gut überstande­n. Und ich fühle mich ein Stück weit als Mutmacher.

„Der Körper wird nach derDiagnos­ebehandelt, aber was ist mit dem

Chaos im Kopf?“

STEPHAN MEISEL STELLTE DIE FRAGEN

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RP-FOTO: MEISEL

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