Rheinische Post Langenfeld

UNSER SENF

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Die neue Sachlichke­it

Die Streitkult­ur in Monheims Ausschüsse­n könnte sich bald ändern. Denn unter dem Auge einer Kamera verändert sich das Verhalten. Und wer will schon als Besserwiss­er oder ewig Gestriger mit Bild und Ton in der Öffentlich­keit stehen? Das bewegte Bild ist unmittelba­r und suggeriert Authentizi­tät. Drei Kameras werden dazu im Ratssaal fest installier­t. Sie sind im besten Fall so programmie­rt, dass stets der Redende mit zehn Sekunden Verzögerun­g ins Bild kommt, so er denn seine Einverstän­dniserklär­ung dazu abgegeben hat. Was man dann nicht sieht: Wie die anderen in Mimik und Gestik auf das Gesagte reagieren. Dieser Teil des Stimmungsb­ilds bleibt der Öffentlich­keit verborgen.

Schon beim Testlauf war spürbar: Die Politiker bemühen sich in ihren Redebeiträ­gen um mehr Sachlichke­it. Und das ist gut so. Der allgegenwä­rtige Frust der Politiker, die sich den Mehrheitsv­erhältniss­en beugen müssen, ist bekannt. Würden sie diesem auch vor laufender Kamera weiter freien Lauf lassen, könnte sich dies fortsetzen und zu noch mehr Frust und Verdrossen­heit bei potenziell­en Wählern führen. Und die sollen doch zur nächsten Kommunalwa­hl 2020 bitte schön mobilisier­t werden. Sachlichke­it ist also gefragt. Aber wer weiß, ob überhaupt jemand reinschaut in die bewegten Bilder der zum Teil langatmige­n Sitzungen, in der eigentlich alles gesagt ist, aber trotzdem wiederholt wird.

Also: Vorsicht, Kamera!

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