In Macks Kosmos
In einer Ausstellung im Düsseldorfer Goethe-Museum begegnen sich
der deutsche Klassiker und der avantgardistische Zero-Gründer. Das Werk des Künstlers erscheint als Spiegelbild zur Ideenwelt des Dichters.
Zum Beispiel beim Anschauen der frühen Zeichnungen, die Heinz Mack 1947 anfertigte, auch im Rahmen seiner Bewerbung an der Kunstakademie. Schwarz-weiß in Graphit gezeichnete Naturstudien etwa, die sich von den Pflanzenstu- in einer Vitrine ruhenden Kostbarkeit hängt eine silbrig schimmernde Flügelarbeit von Heinz Mack. Frappierend ist die Ähnlichkeit von Goethes getrockneten Blättern und Macks zu Flügeln geformten abstrakt-silbrigen Reliefs.
Die Ausstellung „Taten des Lichts. Mack & Goethe“hält selten oder noch nie gezeigte Schätze des ZeroMitbegründers vor, etwa 90 an der Zahl, gattungsübergreifend von der Zeichnung und Malerei über Fotografie und Skulptur zum Rotor und Licht-Ventilator. Für die Ausstellung in Goethes Düsseldorfer Dependance, dem Barockschloss, das seine umfassendste deutsche Sammlung beherbergt, wurden Werke aus verschiedenen Museen entliehen. Rund 200 sind von beiden Meistern gegenübergestellt, der ungestüme, alles überstrahlende Mack neben dem leise glühenden Goethe. So entsteht eine Entdeckungsreise, auch ein Experimentierfeld, eine Spurensuche unter dem Diktat zweier Farbenlehren. Bis auf seine wagemutigen Land-Art-Expeditionen und die großen Stelen finden sich viele von Macks Stilen des nun sieben Jahrzehnte umspannenden Lebenswerks in Räumen wieder, die nach Qualitäten sortiert wurden wie Licht als Farbe oder Licht und Schatten. Ein kleinerer Raum heißt Struktur und Morphologie, ein weiterer Licht und Bewegung. Gülden überbordend glänzt es im Obergeschoss unter der Inspiration Orient.
Farbe ist fast überall. Mit eindringlichem, oft aufdringlichem metaphysischen Leuchten. Farben stellen Körper, Räume her, auf der Fläche und über die Fläche hinaus. Farben versetzen den Betrachter in Stimmung, den Künstler nicht minder, der von Temperament und Temperatur berichtet. Große abstrakte Blumen mit gezacktem Blattwerk hat Mack auf riesige Leinwände gemalt, Rosen, Rosetten in den Regenbogenfarben. Auch Sonnen, Monde, Sterne. Mal vereint, anderswo vereinzelt. Die Kugel beschäftigt den Künstler seit den 1960er Jahren, früher schuf er sie aus Glas, es waren arme Zeiten, Material war teuer.
In jüngster Zeit nimmt Mack Bezug auf Goethe, der in Weimar den „Stein des guten Glücks“aus Stein schuf. Kuratorin Barbara Steingießer sagt, dass Goethe damit das erste abstrakte Denkmal der abendländischen Kunstgeschichte gelang. Heinz Mack spiegelt dieses in poliertem Edelstahl, setzt eine Platte zwischen Kugel und Sockel, entwickelt eine Dreiteilung, wo Goethe die Dualität des Schicksals, das Kommen und Gehen, thematisierte. Mack ist ein Mann der dritten Dimension. „Wir leben in einer interstellaren Welt“, sagt er mit Nachdruck. Mit seiner Zero-Rakete hatte er diese Dimension früh eröffnet.
In Macks Kosmos ist auch Düsternis, schwarz-weiße Gemälde und unfarbige Raster zeugen von der Meisterschaft des Rhythmikers. Eine Reihe von Rotoren hat die Kuratorin vor einen großen Spiegel gesetzt, Farbe wird per LED durch einen Ventilator geschleudert. Goethe schuf ein Kartenspiel mit modernen Motiven. Den Menschen seiner Zeit riet er, durch ein Prisma auf diese Karten zu schauen, um zu sehen, wie Farbe sich verhält. Ein spannender Versuch, der mit den Originalkarten nachgestellt wird. Noch spannender ist Macks Antwort mit Gemälden dieses Farbphänomens.
Eine „Sonderausstellung“nennt der Künstler die Schau zu Recht wegen der Kraft ihrer farbigen Bilder, die in einer digitalen Welt bestehen.