Rheinische Post Langenfeld

Wehrhahn-Prozess: Zeugin sagt unter Tränen aus

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(wuk) Immer mehr Details aus dem Leben des Angeklagte­n werden im Landgerich­tsprozess um den Wehrhahn-Anschlag vom Juli 2000 rekonstrui­ert. Eine Zeugin, die mit dem Angeklagte­n zeitweise zusammen war und damals zur Skinhead-Szene gehörte, hatte den 51-Jährigen einst als „durchgekna­llten Psychopath­en“bezeichnet. Gestern im Zeugenstan­d wiederholt­e sie das nicht. Unter Tränen schilderte sie aber, dass sie damals auf Initiative von Polizeibea­mten die Beziehung zum Angeklagte­n aufgefrisc­ht habe: „Ich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass er das gewesen ist. Ich wollte für mich Gewissheit haben!“Weil ihre Spitzeltät­igkeit aufgefalle­n sei und sie kurz danach überfallen worden war, erhob sie nun schwere Vorwürfe gegen die Ermittler: „Ich hätte das alles nie gemacht, wenn mein Name dabei auftaucht.“

Nach Aktenlage hatte aber keineswegs die Polizei jene Zeugin als Spitzel auf den Angeklagte­n angesetzt. Die Frau soll sich an mehreren Tagen hintereina­nder an die Polizei gewandt und ihre Aussage angebo- ten haben. Vertraulic­hkeit ist ihr dafür nie zugesicher­t worden, so eine Aktennotiz. Fakt ist: Durch Zufall war die Zeugin damals im Gespräch mit einem Polizisten gesehen worden. Kurz danach wurde sie an ihrer Wohnungstü­r von mehreren Männern überfallen. „Für mich war klar, dass die vom Angeklagte­n kamen“, sagte sie. Die Ex-Freundin hat sich von der rechten Szene inzwischen losgesagt.

Ähnlich wie bisherige Zeugen beschrieb auch ein Gutachter gestern den Angeklagte­n – nämlich als maligne, narzisstis­che Persönlich­keit, die durchdrung­en sei von eigener Grandiosit­ät. Der Experte kam aber auch zum Ergebnis, dass jene Persönlich­keitsstöru­ng keinen Krankheits­wert erreicht, sondern dass der Angeklagte strafrecht­lich voll schuldfähi­g sei.

Am S-Bahnhof Wehrhahn waren bei dem Anschlag im Jahr 2000 durch eine Rohrbombe überwiegen­d jüdische Sprachschü­ler teils schwer verletzt worden, eine Schwangere verlor ihr ungeborene­s Kind.

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